BLOG 12 INDIEN

Maharashtra

Fr 26.01.18 Mumbay (km 5862)

Zuerst muss ich noch was über den Iran schreiben:

Auch dort ist eine Verbrecherbande an der Macht, die jeden Kritiker ermordet oder einschüchtert mit langen Haftstrafen, körperlicher Gewalt und Folter, die das ganze Volk mit einer aberwitzigen Bigotterie in völliger Bedürfnisslosigkeit halten und zu Kadavergehorsam zwingen will, die Wasser predigen und selber Wein saufen, die sich die Wirtschaft und Bodenschätze selbst angeeignet hat und unvorstellbare Reichtümer anhäuft.

Ich war nicht dort, um Schönheit oder Vergnügen zu suchen, nein, ich will die Welt sehen, wie sie ist, mich interessiert die Wahrheit mehr als mein Wohlbefinden und Vergnügen. 

Drum wollte ich auch den ganzen Iran sehen und erleben. Jetzt weiß ich auch, warum mich viele Iraner vor dem Süden gewarnt haben. Dort gibt es einen hohen Anteil an Sunniten und die sind noch weniger zufrieden und einverstanden mit diesem System. Die mich da gewarnt haben, sind selbst hereingefallen auf die öffentliche Propaganda. Ich schätze den Anteil der unzufriedenen, die ihre Regierung und die Herrschenden zum Teufel wünschen, auf 99% meiner Gesprächspartner. Am letzten Abend am Flughafen hab ich eine Frau kennengelernt, die das am deutlichsten bisher gesagt hat. Der Zwang zur Verschleierung für die Frauen ist eine rein politische Unterdrückungsmaßnahme. Wer sich hässlich fühlt, traut sich auch nicht, den Mund aufzumachen.

Wenn sich ein anderer Mann in unsere Nähe gesetzt hat, hat sie aufgehört zu sprechen. Ich dachte, das wären einfach andere Fluggäste, sie sagte, das könnten Spione sein, bei einigen war sie sich ganz sicher. 

Wozu das alles? Die Herrschenden dort wissen, dass kein System sich ewig halten kann, dass es neue Aufstände und Revolutionen geben wird und irgendwann werden die erfolgreich sein, und dann geht's ihnen an den Kragen. Und davor fürchteten sie sich von Anfang an. Deshalb diese unglaubliche Brutalität von oben. 

Das ist ein Bild vom Flughafen in Dubai, dort war Zwischenstop mit 6 Stunden Aufenthalt, ich wollte zeigen, dass dort auch Männer Kopftücher tragen, manche finde ich sogar todschick. Das gab es auch im Iran, aber seltener. 

Taxis in Mumbay (Motorrikschas) 

Hab mir gestern noch eine indische Sim Karte gekauft, die soll heute nachmittag irgendwann mal funktionieren. So lange muss ich noch dableiben, deshalb habe ich mich wieder mal in ein Hotel einquartiert und nutze grad deren Internet. So konnte ich endlich wieder duschen und meine Wäsche waschen, das Streetfood da draußen auf den Straßen ist fantastisch. Mit Kontakten zu den Menschen muss ich hier wohl vorsichtiger umgehen. Jeder kann dir bei irgendetwas behilflich sein, tut das aber natürlich nicht umsonst. Da scheinen sie recht geschäftstüchtig zu sein. 

Sa 27.01. Mumbai (km 5879)

Meine Simkarte funktioniert. 

Auf einem Gemüsemarkt. Die Kräuter werden hier kiloweise gekauft. 

So 28.01. Mumbai Südost (km 5900)

In so einer Stadt komme ich nur langsam voran. Die Gehwege sind noch viel schlimmer als alles was ich bisher erlebt habe. Ich beklage mich ja gar nicht, das war zu erwarten. Und dann sind hier noch mehr Menschen auf der Straße als zB. in Teheran, und dort waren es schon sehr viele. Mumbai ist auch noch größer, 12-20 Millionen Menschen, je nachdem, wer und wie der rechnet. Die 12 stammen von der letzten Volkszählung 2011. Im Norden gibt es einen großen Park, dort bin ich gestern Abend nah dran vorbei gekommen, und dort gibt es frei laufende Leoparden, Wikipedia sagt, mit einer Population von 20-35 Exemplaren, dort leben aber auch 200.000 Menschen. Wie das funktioniert, kann ich mir nicht vorstellen. Ich hab mir lieber einen anderen Schlafplatz gesucht.

Das Verhalten der Verkehrsteilnehmer ist noch katastrophaler als in Teheran. Ich werde mal in der Unfallstatistik nachschauen.

Hab ich sofort gemacht und da steht 18,9 Verkehrstote pro 100.000 Einwohner. (Iran 34). Ich bezweifle die Aussagefähigkeit dieser Zahl. Wenn es zB. in Indien nur halb so viele Kraftfahrzeuge gibt wie im Iran, pro 100.000 Einwohner, dann wäre die Mortalitätsrate pro Kraftfahrzeug höher. 

Mumbai liegt auf einer Insel und die heißt Salsette. Das ist das Meer, das die Insel vom Festland trennt, und darüber führt eine Brücke, zum ersten Mal seit ich Österreich verlassen habe, eine Brücke, bei der ich den Gehweg benutzen kann. Die Stadt drüben ist immer noch Mumbai.Es gibt übrigens mehrere Brücken. Das Wasser da unten ist eine stinkende schwarze Brühe. 

Das ist ungefähr mittlere Wohnqualität. 

Das ist schon Slum, aber es geht noch schlimmer. 


So zum Beispiel 

Hier kann man die Knoblauch Zehen einzeln kaufen, oder auch Kiloweise. 

Mo 29.01. Bhinganwadi (km 5936)

Die Vegetation wird immer exotischer. 

Ein Ortsschild in Hindi.. 

Ein hinduistischer Tempel. 

Di 30.01. Lonavla (km 5975)

Diese Baumart hab ich euch schon mal gezeigt. Jetzt ist mir klar geworden, welch geniale Strategie der hat. Von den Ästen hängen Luftwurzeln herunter und sobald die den Boden erreichen, wachsen sie dort an und bilden einen neuen Stamm. 

Nochmal von der anderen Seite. 

Die Arbeiter stehen barfuß im Beton und niemand außer mir hat negative Gedanken dabei. 

Ein anderer Hindu Tempel. 

In dem Reife Stadium haben die Kokosnüsse noch keine harte Schale.. 

Sie hacken mit einem großen Messer von oben so  viel weg, dass das innere zugänglich wird, das ist vollständig gefüllt mit der köstlichen Kokosmilch. Ich schätze ein halber Liter. Kostet 50 Cent. 

Von nun an gehts bergauf und zwar abrupt und in steilen Serpentinen, von 50 auf1000 m.

Ich glaube, ich habe noch gar nicht erklärt, was ich vorhabe. Mein Indien Visum läuft am 22.04. aus. Für den Himalaya ist das zu früh, da kann man nur in sehr kurzen Sommermonaten drüber. Also habe ich etwas Zeit, schau mir Sri Lanka auch noch an, beantrage dort ein 2. Visum für Indien und begebe mich nach Norden zum Himalaya. Wenn das mit dem Visum für China klappt. 

Die ersten Affen. Mir ist aufgefallen, die verstehen den Straßenverkehr. Solange Autos kommen, trauen sie sich nicht über die Straße. 

Auf dieser Straße habe ich Mohsin kennengelernt, 24 Jahre alt, hier raucht er Wasserpfeife. Er hat mich mit einem indischen Mountainbike überholt (21 Gänge, schwerer als 15 kg), doch dann ist ihm die Puste ausgegangen und er musste schieben. Wir sind dann ein paar km gemeinsam gegangen. Einige Male hat er versucht, doch wieder zu fahren, wenn es nicht ganz so steil war, aber das Vergnügen war immer nur kurz und nennenswerten Abstand konnte er dabei nicht gewinnen. Auf den Schiebestrecken hab ich ihn dann doch wieder eingeholt, was ihm sichtlich peinlich war. Langsam wurde es dunkel und ich wollte mich verabschieden, um einen Schlafplatz zu suchen, da schlug er mir vor, über den Gipfel mitzukommen, seine Eltern haben auf der anderen Seite in einem kleinen Dorf eine Datscha, nur noch 5 km. Dort ist es sicherer. Hier gibt es Tiger und Leoparden, die kommen auch an die Straße und ins Dorf. Das hat mich sofort überzeugt. Dass es die noch gibt, ist dem sagenhaften Gleichmut der Inder zu verdanken. Die haben keinerlei Ambitionen, irgendwelche Missstände abzuschaffen, die Deutschen hätten sie längst ausgerottet. Ich muss zugeben, im Moment denke ich da etwas zwiespältig. Tiger und Leoparden sind doch ein anderes Kaliber als Wölfe.

In diesem Häuschen kam die ganze Familie zusammen, Geschwister, Schwager, Oma, Onkel, Cousins und Cousinen und noch ein paar Nachbarn, die dort dauernd wohnen. Es gab gegrilltes Lamm Barbeque, Reis, scharfes Gemüse (spicy) und Whisky mit Wasser verdünnt. Ich war wieder mal Ehrengast. Besteck haben sie dort keines. 


Die Oma ist ungefähr 1,40 Meter groß und 85 Jahre alt. 

Der Vater besitzt ein Restaurant in Lonavla und war bis vor 5 Jahren Bürgermeister im Nachbarort Kopoli, die Inder sagen Präsident, jetzt ist es seine Frau, ich habe vermutet, Mohsin wird der nächste.

Am Ende konnte ich nicht verhindern, dass sie mich mitgenommen haben nach Lonavla, ich konnte in einem Nebenraum der Gaststätte schlafen, das war noch sicherer, hat meine Reise aber wieder um 15 km verkürzt. Indien ist zu groß, um die Distanzen, die ich nun geplant habe, in der Zeit zu schaffen. Sowas werde ich wohl noch öfter machen müssen.

Mohsin sagt, sein Vater sei ein so herzensguter Mensch, der Gott in seiner Familie. Bei mir läuten da alle Alarmglocken. 

Do 01.02. Pimpri Chinchwad (km 6018)

Die Liste meiner neuen Freunde wird jeden Tag länger, ich kann sie mir nicht mehr alle merken. Der hier (Prafulla) kam auf einem Roller vorbei, fragte mich, wo ich hingehe, und als ich wahrheitsgemäß sagte, dass ich einen Schlafplatz suche, sagte er, steig auf und komm mit zu mir. Mein Laufanhänger lief brav hinterher. Dort gab es Abendessen und einen Auflauf von Menschen aus der Familie und Nachbarschaft. Anschließend einen Besuch bei einem anderen Nachbarn mit nochmaligem Abendessen, das waren "Einwanderer" aus Rajasthan, ich dachte es wären Muslime, weil die Frau sowas von vollverschleiert war, das Kopftuch hing auch vor ihrem Gesicht und war aus einem bunten Stoff, so dünn, dass sie durchschauen, aber so dick, dass man es nicht sehen konnte. Auf meine Frage danach sagten sie aber, sie seien auch Hindus. Inzwischen weiß ich, dass der Hinduismus unglaublich vielfältig ist und sie deswegen keinen Streit miteinander haben. Prafulla empfahl mir, künftig  zum Übernachten in einen Hindu Tempel zu gehen. Und das habe ich heute gleich ausprobiert.

Hier noch nicht, das war am Vormittag. 

Der Baum ist aus Beton. 

Ganesh heißt der und ist ein Sohn von Shiva (einem der wichtigsten Götter). Er hat einen Elefantenkopf und mehr als 2 Arme. Hier sehe ich 4. Er ist der Gott der Weisheit und Hilfsbereitschaft, indem er Hindernisse beseitigt. Allerdings erwarten die hinduistischen Götter Opfergaben, ohne würden sie wohl verhungern oder währen zu schwach, ihre Aufgaben zu erfüllen, oder sie verlieren die Lust dazu. Die Frage nach so einem Tempel hat mich wieder ein überflüssiges Abendessen (dauernd muss ich mehr essen als ich eigentlich wollte) und mindestens zwei Stunden gekostet (so komme ich zu langsam voran).

Aber sie haben mir ohne Frage oder Zweifel den Schlüssel zum Allerheiligsten gegeben, damit ich morgen früh gehen kann, wann ich will, ich muss dann nur hinter mir zuschließen und den Schlüssel an der vereinbarten Stelle deponieren. Eigentlich ist es nur eine Kapelle, eine Art Altarraum. 

Dann wollte mich noch jemand auf ein Sandwich einladen, auch das hab ich nochmal mitgemacht. Ich ließ meine Sachen im Tempel und fuhr mit ihm auf seinem Motorroller in die Stadtmitte. An einer Kreuzung, für deren Überquerung ich zuvor 5 Minuten gebraucht habe, hat er nicht mal seine Geschwindigkeit reduziert. Ich fühlte mich ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Man könnte sagen, in solchen Situationen liegt dein Überleben allein in Gottes Hand. Dabei habe ich verstanden, es ist nicht Risikobereitschaft, sie sehen überhaupt kein Risiko, dafür sind sie blind und taub. 

Ich bin hier im Bundesstaat Maharashtra. Der ist knapp so groß wie Deutschland, hat aber 115 Millionen Einwohner. Und sie haben eine eigene Sprache, die auch Amtssprache ist und die heißt Marathi. Deshalb können hier nicht so viele Leute englisch und wenn, dann nur schlecht. Seit einigen Jahren lernen es die Kinder in der Schule. Die sind dann oft besser als die Erwachsenen. Die Bundesstaaten haben viel Autonomie, und konnten sogar über die Schulpflicht selbst entscheiden und die lag ziemlich im Argen. Bis 2009 die indische Bundesregierung die Bundesstaaten angewiesen hat, eine Flächendeckende Schulpflicht einzuführen, was dann in den Folgejahren auch gemacht wurde.

Einmal bisher habe ich jemanden getroffen, der sagte, dass er nie in einer Schule gewesen ist, und der war 28 Jahre jung. Er musste statt dessen arbeiten. 

Fr 02.02. Pune (km 6048)

Sonnenaufgang in der Stadt. 

Tee und Kaffee sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Sie bestehen hauptsächlich aus Milch. Ähnlich wie Latte Machiato, und sie tun in beide noch ein paar indische Gewürze. 

Die Türen sind tatsächlich aus Holz, nur außen mit Blech beschlagen. 

Ohne Bild

Ich war beim Jain Tempel, etwas altes und berühmtes, aber Fotos durfte ich nicht machen. Und überall stehen Aufpasser. Lesen konnte ich auch nichts, alles in Marati. Glaube ich zumindest. 

So wie hier. Dies ist ein kleiner Tempel, in dem ich wieder übernachten kann. Die beiden Figuren sind Götter. 


Die beiden auch. 

Sagen zumindest die Kinder. Die waren von meiner Geschichte so beeindruckt und begeistert, die wollten mir freiwillig nicht mehr von der Pelle rücken.

Natürlich musste ich auch dort wieder ein zweites Abendessen verdrücken. Ich hatte zwischenzeitlich schon fast mein Idealgewicht wieder erreicht (das sind so um die 58 kg), aber hier nehme ich wieder zu.


Sa 03.02. Kapurhol (km 6082)

Heute schlafe ich wieder in der Wildnis, weit genug weg von der Straße, dass mich keiner sieht, aber nicht so weit, dass mich die Tiger fressen. Bären und Würgeschlangen gibt's hier auch, ganz abgesehen von diversem kleineren Ungetier. Aber das hat den Vorteil, dass ich mal wieder ausschlafen kann. Die Tempelnächte sind zu kurz und die Wildnis Nächte normalerweise zu lang. Wenn ich abwechseln kann, ist das machbar. Hier sind viele Inder verschnupft und husten, und jetzt hat es mich auch erwischt. Je weiter ich mich von der Küste entferne, desto größer werden die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. Gestern habe ich 39 Grad gesehen und heute früh, bei Sonnenaufgang waren es 12. Ich muss da besser aufpassen. 


So 04.02. Shirwal (km 6106)

Die Rinder sehen ziemlich exotisch aus. 

Die fahren ihre Reifen bis sie platzen. 

Hier wird Zuckerrohr ausgepresst, unten sieht man, wie der Saft in Strömen herausläuft

Und diese Maschinen werden über Transmissionsriemen angetrieben, wie bei uns vor 100 Jahren. 

Über eine 10m lange Pipeline wird der Saft in diese Pfannen geleitet, es gibt 2 Stück davon, und so lange gekocht, bis eine dick-zähflüssige Masse übrig bleibt. Während die eine kocht, wird die andere gekühlt und geleert. 

Die wird dann in solche Töpfe gefüllt und abkühlen gelassen. 

Das ist das fertige Produkt. Schmeckt so süß wie Honig, nur anders, ist hart und zergeht auf der Zunge. Die Inder verwenden das als Vollwert Zucker.

Ich nehme an, es ist auch Rohstoff für die weiße Zucker Herstellung. 

Als Brennstoff dient der Rest vom Zuckerrohr. 

Der zuvor auf der Straße getrocknet wurde. 

Dort werden auch andere Dinge getrocknet, zB. Kuhscheiße. Die dient dann als Brennstoff zum Kochen. Frauen tragen sie in Schüsseln auf dem Kopf auf die Straße und wieder zurück. Die Fladen werden mit der Hand geformt. 

So sieht das Zuckerrohr auf dem Feld aus. 

Das ist in Shirwal. Der ganz rechts heißt Imran, der ist mir auf der Straße mit seinem Motorrad begegnet, ist stehen geblieben und hat mich gefragt, das übliche halt. Dann sagte er, ich muss mitkommen auf einen Tee. Er hat mich dorthin gelotst und während dessen seine Freunde zusammen telefoniert. Das sind noch nicht alle. Aber mir fällt auf, dass wir alle ungefähr gleich groß (oder klein) sind. 

Aber es gibt auch andere. 

Dann haben sie mich zu ihren Sehenswürdigkeiten geschleppt, zuerst zum Kedareshwar (das ist eine andere Bezeichnung für den Gott Shiva) Tempel. Scheint ziemlich bedeutungsvoll zu sein.

Man muss, wenn man dorthin geht, den Tempel außen umrunden, aber nur bis zu einer unsichtbaren Grenze, dann umkehren und von der anderen Seite bis an diese Grenze. 

Der candle tower. 

Das ist der Wächter des Tempels, der hat seit einem Gelübde vor 30 Jahren kein Wort mehr gesprochen. Er versteht auch englisch. 

Über dem Eingang zum "Friedhof" reitet ein Gott auf einem Adler. 

Hier werden die Verstorbenen auf Holzfeuern verbrannt, und die Angehörigen sitzen drumherum und schauen zu. 

Dahinter ist der Fluss 

In diesen Schacht wird die Asche der Toten geschüttet, die landet dann im Fluss. 

Dieser Fluss ist durch einen Stausee aufgestaut und hat einen Tempel überflutet, 200m von hier. Während des Monsun füllt sich der Stausee und dann nimmt er wieder ab, das ganze Jahr kontinuierlich bis zum nächsten Monsun. Das heißt, kurz vorher hat er den niedrigsten Pegel, dann ist dieser Tempel wieder frei zugänglich, und das ist ungefähr im Mai. 

Hier sitzen Vögel in den Bäumen, den ganzen Tag. Sie sind nachtaktiv, und haben so lichtempfindliche Netzhäute, dass sie bei Tageslicht die Augen nicht aufmachen können. 

Die Bäckerei eines Restaurants. Der Bäcker klatscht so einen Teig Klumpen auf ein Kissen und schlägt ihn damit an die Innenwand, des halbkugeligen Backofens, wo er kleben bleibt. Der Boden ist mit glühender Holzkohle bedeckt. Nach einer Minute spießt er ihn mit einer Eisenstange auf und holt ihn wieder heraus. So geht das aber im 2 Sekunden Takt. 

Der Bedienung holt die fertigen "Ruti" ab und bringt sie allerfrischestens an die Tische. Der Bäcker sagt, so macht er jeden Tag durchschnittlich 1000 Stück. 

Shirwal hat so eine Art VIP Hotel, und Imran hat mit einem "Minister" der Stadt telefoniert und dort einen kostenlosen Schlafplatz für mich erwirkt. Am nächsten Morgen wollte ich eigentlich früh aufbrechen, aber Imran wollte mich nicht einfach so gehen lassen. Außerdem muss er mir noch etwas wichtiges zeigen, dauert nur 20 Minuten. Am Wochenende lebt er wie die nachtaktiven Vögel und schläft am nächsten Tag bis 13 Uhr. Er hat einen Klamotten Laden und kann es sich offensichtlich leisten, am Montag erst nachmittags zu erscheinen. Also hab ich einen Kompromiss vorgeschlagen, 09 Uhr, dann komm ich vielleicht um halb zehn weg. Ok, ich soll ihn um 9 anrufen. Das hab ich dann gemacht. Am anderen Ende der Leitung war erst ein Kind, dann eine Frau, und die hat ihn dann offenbar geweckt. Ich konnte es hören, das klang nicht sehr freundlich. Er sagte dann etwas verschlafen, er wäre in 20 Minuten da, ich soll warten. Gekommen ist er um halb elf, was ich eigentlich auch so erwartet habe. Ein indischer Zweizeiler sagt: "don't wait, meditate!" Ich hab zwar nicht meditiert, aber ich hab die Zeit genutzt, an meinem Blog zu schreiben. Wir haben dann noch einen Freund abgeholt, natürlich nicht, ohne dort einen Tee zu trinken und sein Haus anzuschauen, 400 Jahre alt. 

Das sind Jotirao (er) und Savitribal (sie) Phule. Die wollte er mir noch zeigen. Und ich muss sagen, es hat sich gelohnt, mehr Zeit zu opfern als geplant war. 

Wenn jemand eine Übersetzung wünscht, kann ich sie noch nachliefern. 

Das ist die Schule, in der die beiden gewirkt haben. Jetzt ist es ein Museum und da hängen Reliefs die ihren Lebenslauf abbilden. Hier, wie sie im Alter von 9 Jahren verheiratet wird. Ihre Eltern haben zum Glück für die Menschheit eine gute Wahl getroffen. 

Zuerst hat er sie unterrichtet. Schulbildung gab es damals noch nicht fürs Volk und für Frauen war sie sogar verboten. 

Später haben sie dann beide die Dorfkinder unterrichtet, aber auch Erwachsene. 

Dafür wurde ihr mit Steinigung gedroht. 

Die Kinder Sterblichkeit war exorbitant hoch, Mädchen nichts wert. Die wurden oft nach der Geburt umgebracht. Auch dagegen hat sie gearbeitet, Aufklärung und Geburtshilfe geleistet. 

Die Ernährungslage war so schlecht, dass Bildung ohne Essen gar nicht möglich war. 

Es gab Brunnen, aber den Angehörigen der niederen Kasten war es untersagt, daraus Wasser zu entnehmen. Also haben sie Brunnen für die Armen gebaut. 

Diese Aufzählung ist nicht vollständig.

Bis ich dann endlich aufbrechen konnte, war es 14 Uhr. 

Mo 05.02. Bhuinj. (km 6144)

Ein Schulhof in Khandala

Wen es interessiert, der möge mal unter Jainismus googeln, eine 3500 Jahre alte hinduistische Vorgänger Religion, die immer noch parallel weiter besteht, und dies ist eines ihrer unschuldigen Wahrzeichen. Zu dieser Zeit kamen Nomaden aus dem Iran nach Indien, die als Arier bezeichnet wurden. Ein Zusammenhang mit Deutschland oder den Germanen wurde von den Nazis frei erfunden und ist unter Wissenschaftlern umstritten. Und weil sie schon mal dort fündig geworden sind, haben sie auch noch dieses Symbol gestohlen und vollkommen zweckentfremdet. Sie dachten wohl, bei der Distanz sind Nachforschungen schwierig. 


Mir begegnen auffallend viele Muslime. Obwohl sie nur einen Anteil von 15% der Bevölkerung haben, sind es unter meinen Gesprächspartnern gefühlt 50%. Und sie sagen, dass es keinerlei Probleme mit den Hindus gibt. Diese beiden freundlichen Menschen haben mich heute ein Stück mit ihrem Kleinlaster mitgenommen (145 km). Sie standen gerade am Straßenrand, und als ich vorbei kam fragten sie mich, ob ich ein Stück mitfahren will. Wie ich vor ein paar Tagen erklärt habe, ist das genau die Gelegenheit, die ich brauche. Also bin ich mit meinem Gepäck auf die Ladefläche geklettert. Ich konnte nicht verstehen, wie weit sie fahren wollten, am Ende waren es 145 km. Sie haben übrigens jeden mitgenommen, der das wollte. Zeitweise waren wir bis zu 10 Leute da hinten. Wie ich beobachtet habe, gaben die meisten dieser Passagiere den beiden einen kleinen Geldbetrag, so 10-20 Rupies. Die sind aber auch nur kurze Etappen mitgefahren. Am Ziel wurde ich zum Übernachten und Abendessen eingeladen. Wenn sie sehen, wie blöd ich mich anstelle, mit den Fingern zu essen, bekomme ich oft einen Löffel. Hier auch. Ich bin ihnen dafür ehrlich dankbar. An das scharfe Essen habe ich mich schon einigermaßen gewöhnt. Bisher war es mir oft doch ein bisschen zu scharf. Ein paar Mal habe ich schon befürchtet, ich bekomme Magenprobleme, das ist aber immer nach kurzer Zeit wieder verschwunden. 

Di 06.02. Kolhapur (km 6144)

Beim Abschied heute Morgen hab ich ihnen auch Geld angeboten, aber sie wollten es nicht nehmen. Stattdessen, sagten sie, soll ich für sie beten. Ich fragte, bei welchem Gott, und er meinte, das sei doch egal, es ist eh der Selbe. 

Der große Dicke vorne rechts ist der Padrone. Er hat mit seinem Kleinbus neben mir auf der Straße gestoppt, und mich das Übliche gefragt, und weil es schon nach 18 Uhr war, hat er mich auch gefragt, wo ich denn übernachten will. Ich sagte ihm, dass ich ein Zelt habe, und immer leicht einen ruhigen und sicheren Platz finde. Er sagte, steig ein und komm mit zu mir. Gesagt, getan, das ist seine Familie. 

In diesem Raum leben sie. Das ist die Küche, das Wohnzimmer, Schlafzimmer, Vorratsraum, ich weiß nicht, was noch. Hier haben wir auf einem Teppich zu Abendgegessen, später haben sie andere Decken zum Schlafen auf den Boden gelegt und die Hälfte der Familie hat hier geschlafen, die andere Hälfte in einem anderen Raum in einem anderen Haus gegenüber, das gerade renoviert, aber sonst noch nicht genutzt wird. Und dort habe ich ein eigenes Zimmer bekommen. Ich habe auch meine Isomatte auf den Boden gelegt und im Schlafsack geschlafen. Türen gibt es noch nicht, so musste ich das Schnarchen im anderen Zimmer die ganze Nacht mit anhören. Beim Frühstück kamen alle Nachbarn, um mich zu sehen. Zeitweise kam ich mir vor, wie ein Schimpanse im Zoo, dann wieder wie ein Superstar, und dazwischen wie ein Alien. Und wenn der Padrone erzählen konnte, was er über mich weiß, fühlte er sich auch als Superstar. Das hab ich genau gesehen. 

Eine Tochter von ihm, die studiert Elektrotechnik, dahinter, ich glaube, ein Bruder. Der und der Padrone und die Tochter konnten englisch. Die Männer allerdings so schlecht, dass ich meistens kein Wort verstanden habe. Dann hat es die Tochter in für mich verständliches Englisch übersetzt.

Das ist eine Bauern Familie, sie haben 12 Hektar Land, was dort schon ein Großbauer ist. Hauptprodukt ist Zuckerrohr, daneben alle Gemüsesorten, Mais und Getreide.

Und ich soll dableiben, wenn nicht für immer, dann wenigstens ein paar Tage, und nach meiner Reise sowieso. Und weil ich das alles abgelehnt habe, meinte der Bruder, glaube ich, sinngemäß: der ist aber stur. 

Seit gestern bin ich in Karnataka, das ist der südliche Nachbarstaat von Maharashtra. Ab jetzt fange ich eine neue Seite an.