Blog 2 Bulgarien

Auf mehrfachen Wunsch habe ich eine 2. Blogseite eingeführt, und die an die erste Stelle gesetzt. Wer alles (nochmal) lesen will, muss den Menü Punkt drücken, dort findet er dann die Seite über mich (das ist die Einleitung), und die 1. Blogseite 

Hier beginnt Bulgarien

Mo 29.05.17 Knescha (km 1363)

Ich bin von Bechet  (die rumänische Sprache hat viele Ähnlichkeiten mit der italienischen, das ch spricht man dort auch wie ein K) mit der Fähre nach Bulgarien gefahren. Der Süden von Rumänien hat auf mich den ärmsten Eindruck gemacht. Ein paar mal wurde ich angebettelt, denen habe ich auch was gegeben. Der Umtausch Kurs ist 4,5 Lei für einen Euro, ein Lei ist dort aber viel mehr Wert als für uns ein Euro. Der Monatslohn für einen Arbeiter ist dort 200 bis 300 Euro.  Die Schäfer sind, glaub ich, die ärmsten Schweine. Die schicken dort Oma und Opa oder die Kinder zum betteln auf die Straße. Einer solchen Oma hab ich 10 Lei gegeben und habe das Leuchten in ihren Augen gesehen, das war der Wahnsinn. Als ob ich sie von all ihren Übeln befreit hätte. Bei einer anderen Schäferei haben mich 5 Kinder überfallen und die waren aufdringlich wie die Schmeißfliegen. Einer hatte plötzlich mein Handy in der Hand. Inzwischen ist noch einer dazugekommen, ich vermute der älteste Bruder, und der hat mir geholfen, die anderen davon abzuhalten, mich auszurauben. Ich hätte sonst meinem Handy nachlaufen müssen, während dessen hätten die anderen meine Tasche ausgeräumt.  Ein anderes mal haben mich 2 Männer angesprochen, und der eine hat den anderen davon abgehalten, mich anzubetteln. Gerade bei den ärmsten habe ich die größte Begeisterung hervorgerufen. (Der kann sich kein Auto leisten, auch kein Pferd, nicht mal ein Fahrrad). Die Leute auf den Pferdefuhrwerken waren meine größten Fans. Die Idee, meinen Wagen selber zu ziehen, hat die am meisten beeindruckt. Und von denen gab es im Süden auch viel mehr. Ich habe mir manchmal den Spaß gemacht und bin ein Stück mitgelaufen, nicht lange, die waren meistens einen Tick zu schnell. 


Aber nun zu Bulgarien. Die Grenzstadt südlich der Donau heißt Orjaschowo und ist so was von tote Hose. Noch toter als die rumänischen Städte 

In der 2. Ortschaft, 12 km später, Selanovtsi, das gleich Bild. Nicht mal einen Kaffee. Dort habe ich dann übernachtet. Aber hier in Knescha gibt's das wieder. Dafür waren aber 20km zu bewältigen. Zum Glück schau ich mir das immer vorher an, damit ich mein Frühstück planen kann. Ich würde es schon überleben, aber es wäre hart. Ich muss oft an einen Rumänen denken, der zu mir sagte: "you have a hard job." Der Abstand zum nächsten Ort wird noch größer. 

Di 30.05. Cherven Bryag (km 1390)

Ab hier gibt's wieder Berge. Auf dem gesamten Balkan (Bulgarien gehört auch noch dazu) wird nichts weggeräumt. Manches kann man ja als erhaltenswertes Kulturgut betrachten, wie etwa mittelalterliche Burgruinen. In ein paar Hundert Jahren wird man mit anderen Augen auf unsere Zeit schauen und ist vermutlich froh um solche Zeitzeugen. Aber alles? Vieles ist dabei, das mein ästhetisches Empfinden stört. Ich würde sogar die eine oder andere Müllhalde konservieren und erhalten, als Zeitzeugen von uns. Diese Rücksichtslosigkeit gehört auch dokumentiert. Meiner Meinung nach gehört das fast in die gleiche Kategorie wie zB. die Naziverbrechen.

Ich nehme an, unsere aufgeräumte Welt in Mitteleuropa ist ein Wohlstandszeichen. Wenn es den Menschen nicht so gut geht und sie existentielle Sorgen haben, denken sie nicht über Schönheit nach. Entsprechend sieht es überall aus. Das war bei uns vor 50 Jahren nicht anders. Vieles was ich hier sehe, erinnert mich an meine Kindheit. 

Anfangs kamen mir die Bulgaren etwas unfreundlicher vor als ich das gewohnt bin. Aber wenn ich in einer Dorfkneipe stehen bleibe und den Leuten mit Händen und Füßen klarmache wer ich bin und was ich hier mache (die bulgarische Sprache ist mir, anders als die rumänische-, vollkommen unverständlich), fallen sofort alle Hemmungen weg und die Leute werden immer freundlicher. Wenn ich dann weitergehe, ist mir mein Ruf vorausgeeilt und die mir begegnen, wissen schon Bescheid und begrüßen mich freundlich bis euphorisch. Sogar die Autofahrer die mir entgegen kommen, kennen mich schon und verhalten sich freundlicher. Ich hab keine Ahnung, wie das geht. 

Heute mittag hab ich mal wieder meine Wäsche gewaschen, an einem Fluß mit gar nicht so sauberem Wasser, das Ergebnis war trotzdem ok. Während die Klamotten trockneten machte ich meine wohlverdiente Mittagspause und nach 2 Stunden ging es wieder weiter. Was bis dahin noch nicht trocken war, habe ich auf mein Gepäck gebunden, das kann unterwegs auch noch trocknen. 

Mi 31.05. Ugarchin (km 1440)

Heute schreibe ich meinen Bericht zum erstenmal abends im Zelt. In Lukovit hab ich mir endlich eine Sim Karte gekauft, nur für Internet, hat 4 Gigabyte und kostete umgerechnet 10 Euro. Der Verkäufer meinte das ist für 2 Wochen mehr als genug. Da ich keine Ahnung habe, glaub ichs ihm versuchsweise. Bei der Installation musste er mir aber helfen, und das ging so schnell, dass ich es beim nächsten mal wieder nicht kann. 

Das Wetter ist seit Tagen so schön, dass ich langsam Probleme mit der Sonne bekomme, es wird zuviel. Und bei der Hitze ( heut mittag waren es nach meinem Radlcomputer 38 Grad) will ich auch nicht langärmelig rumlaufen. Da muss ich mir wohl doch ein Sonnenschutzmittel kaufen. 

Der letzte Rumäne, mit dem ich Kontakt hatte, hat das schon erkannt und hat mir ein Käppi geschenkt. Das war inzwischen Gold wert.Ohne das wäre ich aufgeschmissen. Das war übrigens auch ein interessanter Mensch. 50 Jahre alt, hat in seiner Jugend beim Straßenbau unter anderem im Irak gearbeitet und wohnt mit seiner Familie in Bukarest. Als ich vorbeikam stand er auf der Straße und langweilte sich zu Tode. Er fragte mich ob ich englisch spreche, und darauf lud er mich in sein Haus ein, bewirtete mich mit Holunderblütentee, rumänischem Whisky und türkischem Kaffee, alles selbst gemacht und gut und untermalt mit lautstarker westlicher Musik. Die traditionelle rumänische Musik hasst er. ( Für mich klingt die nicht schlecht, hat schon starke orientalische Züge). Wenn er sich nicht langweilt, arbeitet er zur Zeit an einer Gartenlaube, und das macht er in einer handwerklichen Qualität, die bei uns niemand seinen Freunden oder Besuchern wagen würde zu zeigen. Das Haus ist sein Elternhaus, dort ist er geboren und aufgewachsen, "das war eine schöne Zeit."

Die Eltern leben nicht mehr, so ist es jetzt sein Wochenendhaus. Meistens mit, manchmal auch ohne Familie, so wie an diesem Wochenende. Er hat auch Hühner, und die muss man abends einsperren, sonst holen sie sich die Wölfe oder die Adler. Was soll ich nun glauben. 

Draußen heulen die Wölfe, das ist jetzt kein Scheiß. Das hab ich noch nie life gehört. Geht mir durch Mark und Bein. Ich bin jetzt ca. 4km hinter Ugarchin, da ist ein Fluß in der Nähe und viel Wald und Wiesen drumherum. Aber wir passen ja angeblich nicht in ihr Beuteschema. Na, das kann ja lustig werden. 

Gute Nacht. 

Am nächsten Morgen

Hurra, ich lebe noch. Mit lustig meinte ich eine schlaflose Nacht, in der ich ängstlich auf jedes Geräusch höre. So war es anfangs auch, aber irgendwann bin ich doch eingeschlafen und hab geschlafen wie ein Murmeltier, habe nichts gehört und nichts mehr gedacht. Vielleicht hat ja auch ein gütiger Oberwolf die anderen daran gehindert, mich aufzufressen, oder waren es meine Schutzengel. Ein ehrliches und aufrichtiges Dankeschön, an wen auch immer. 

Do 01.06. Ablanitsa (km 1475)

Heute war wieder so ein heißer Tag. Da hab ich im ersten Ort gleich den ersten Menschen gefragt ob es da eine Apotheke gibt, oder einen Shop, wo man ein Sonnenschutzmittel kaufen kann. Der gute Mann hat mich auf englisch verstanden, was recht selten vorkommt, deutsch noch seltener, und wenn, dann so schlecht, daß man nichts damit anfangen kann. Also Apotheke gab's keine, Shop auch nicht,  erst im nächsten größeren Ort und der ist 40 km entfernt. Es sei denn, ich laufe 20 km zurück. Das wollte ich aber auch nicht. So hat er mich mit nach Hause genommen, und mir fachmännisch einen Verband gemacht. Das Hauptproblem ist das Handgelenk am linken Arm, dort wo ich sonst die Uhr trage. Bei tagelangem Regen hat sich die Haut unter dem Armband entzündet, drum wollte ich die Uhr dort nicht mehr tragen. Aber bevor das wieder ganz verheilt war, kam die Hitzewelle, und jetzt hab ich dort Sonnenbrand. Damit hat er also eine weitere Strahlenbelastung unterbunden, was natürlich noch wirksamer ist als Sonnencreme. Dabei erzählte er, dass er in Namibia arbeitet, in Windhook, in einem Krankenhaus. Nebenbei schenkte er mir ein Glas Cola ein. Neben dem Tisch im Garten, an dem wir saßen, war ein Brunnen mit Leitungswasser, drinkable. Während er den Verband holte, füllte ich meine Wasservorräte damit auf, falls es jetzt die nächsten 40 km nichts mehr gibt. Nebenbei füllte ich auch das Trinkglas nochmal mit Wasser. Als er mit dem Verband zurückkam, sah er das Wasser im Glas, zog die Mundwinkel  verächtlich nach unten, schüttete das Wasser weg und füllte wieder Cola nach.

Gestern war ich in 

Dermantsi in einem Straßencafe, dort war es recht mühsam, mich verständlich zu machen. Da saßen der junge Wirt und 2 Gäste und tranken Bier aus einer 3 Liter Plastikflasche. Schon aus Gläsern. Im Fernseher lief Tennis, und wenn der Bulgare, der in der Weltrangliste unter den ersten 10 ist, einen Punkt gemacht hat, haben sie gejubelt und geklatscht. Der Wirt stellte mir auch ein Glas hin, dann tischte er Brot und einen Teller voll Schafskäse und einen mit Tomaten- und Gurkensalat auf, dann legte er 4 Gabeln auf den Tisch, und wir aßen gemeinsam von den 2 Tellern. War alles sehr gut. Und als ich dann wieder ging, wollte er kein Geld von mir haben. An der Wand hinter dem Tresen hing unter anderen ein Bild von Adolf Hitler. "Guter Mann". Das passt zur aktuellen Politik in Bulgarien. 

Sa 03.06. Sewliewo (km 1508)

Es ist jetzt 07:30Uhr morgens (seit Rumänien gehen die Uhren eine Stunde vor, dh. in Mitteleuropa ist es jetzt 06:30 Uhr) und ich sitze mal wieder in einer Tankstelle, das war das erste, wohin ich mich flüchten konnte. Es regnet in Strömen, aber es soll in einer Stunde wieder aufhören. Nachts und auch noch beim Zampacken wars noch  trocken, aber genau beim losgehen gings los. Mit regnen. 07:00 Uhr ist meine durchschnittliche Startzeit. 

Gestern traf ich in Sewliewo einen Mann, der fast akzentfrei deutsch sprach. Seinen Namen hab ich jetzt leider vergessen, solche Namen sind  aber auch eine Herausforderung für unser Speichersystem. Er ist leidenschaftlicher Radfahrer, und kennt hier alle befahrbaren Bergstraßen. Später kamen noch mehr solche Leute dazu, und gemeinsam berieten wir die für mich beste Strecke über die Berge, die jetzt ernsthaft hoch werden. Das mindeste ist ein Pass mit 1300 m (Höhe über dem Meer), Sewliewo 

liegt auf 200 (die Donau auf 30m). Die schönste Route haben sie aber wieder verworfen, weil sie schon wussten, dass es heute regnet, und die Straße ist dann nahezu unpassierbar. Jetzt ist Regenzeit in den bulgarischen Bergen.

Was ich nach der sonnenreichen Woche schon verdrängt habe ist, dass der Reißverschluss meiner Packtasche den Geist aufgegeben hat. Ich bin jetzt also auf der Suche nach einem Müllsack, den ich drüberstülpen kann.

Jetzt ist Abend.

Den Müllsack hat mir die Verkäuferin an der Tankstelle geschenkt, nachdem ich ihr mit Hilfe des Google Übersetzers klar machen konnte, was ich will. Aussprechen konnte ich das natürlich nicht, ich hab ihr das Smartphone hingehalten damit sie es selber ablesen konnte. Das funktioniert ganz gut. So hab ich es auch in der Apotheke mit dem Sonnenschutzmittel gemacht, aber die hatten nichts geeignetes.

Heute hats so ca. 50% geregnet, und der Müllsack funktioniert. Ich bin aber trotzdem nicht weit gekommen, mir tut nämlich ein Muskel weh, und zwar am linken Unterschenkel, untere Hälfte, vorne außen, immer wenn ich den Vorfuß anhebe. Keine Ahnung, woher das kommt, diese Woche hab ich gar nicht so viel km gemacht. Aber vielleicht summiert es sich trotzdem und war insgesamt zu viel. Deshalb bin ich heute nur 23km gegangen und gar nicht gelaufen. Vielleicht muss ich das morgen nochmal so machen, dann kann ich übermorgen doch die schönere Route über die Berge nehmen, da wirds nämlich wieder schön.

Mo 05.06.Kasanlak (km 1594)

Genauso hab ichs gemacht. Ich bin noch am Sonntag bis auf 700 m hinauf gegangen, zum Laufen ist das zu steil. Dort bei km 24 an diesem Tag, stand ich plötzlich nach einer Kurve vor einer Idylle.

Diese Hütte ist aus Holz gebaut und gerade groß genug, dass ich in der Mitte ausgestreckt liegen kann. Dass ich mich prophylaktisch nochmal schonen wollte, hatte ich eigentlich schon wieder vergessen, mein Bein ist vollkommen in Ordnung und ich spüre nichts mehr. Also diese Hütte hat mir so gefallen, dass ich geblieben bin. Seit Potok bin ich keinem Menschen mehr begegnet, und das waren vielleicht 5 km.

Die Nacht war wunderbar, fast wie im Hotel. Geregnet hats seit dem Nachmittag nicht mehr, und die Nacht war wolkenlos. 

Die weitere Strecke hatte es dann aber in sich, das heißt, war ganz schön schwer. Am höchsten Punkt stand ein religiöser Koloss:

Das Ding ist riesig. Ich hab in meiner Jugend mal als Ferienjob einen Betonmischer gefahren. Wenn ich mir vorstelle wieviel tausend Tonnen da drin stecken, wie viele Lastwagenladungen da 1000 m hoch gekarrt wurden, und wieviel Abgase die dabei ausgestoßen haben, bezweifle ich, dass wir (ich meine der Mensch) so etwas tun dürfen. 

Die Bulgaren lieben martialische Monumente. 

Die ganze Bergstrecke war ca. 25 km lang. Auf der Südseite liegt Kasanlak, und dort hat mein Problemmuskel sich  wieder gemeldet. Das stundenlange Bergabgehen wars also diesmal. Nach einer Kaffeepause gings aber wieder, und so sind es heute wieder 39 km geworden.

Di 06.06. Stara sagora (km 1630)

Hab grad versucht, ein Bild von Stara Sagora zu machen. Es ist schon finster, bald Vollmond, und die Stadt liegt hell erleuchtet hinter mir. Kommt auf dem Foto aber leider nicht so raus. Ich bin schon zu weit weg. 

Heute Mittag hab ich ein komplettes Mittagessen spendiert bekommen. Meistens sind das Leute, die in Deutschland arbeiten und grad Urlaub haben, oder die früher mal dort gearbeitet haben. Sie alle lieben und verehren Deutschland, was ich so nicht erwartet habe, und sind glücklich, jemanden aus ihrer Wahlheimat gefunden zu haben, mit dem sie deutsch sprechen können. Auch wenn bei manchen "ehemaligen" nicht mehr viel davon übrig ist. 

Manche haben es auch dort in der Schule gelernt, vergessen es aber auch wieder, weil sie keine Gelegenheit zum Üben haben. Deutsche verirren sich so gut wie nie nach Bulgarien. Also die Berge, das war schon phantastisch. Hätte genau so gut in Südtirol oder im Trentino sein können. 

Nochmal zum Mittagessen: da gibt es eine Suppe, die besteht aus einem etwas flüssigeren  Zaziki (also Joghurt mit Gurken), ist kalt und wird im Glas serviert. Dann noch einen Teller mit Salat und Schafskäse, dazu Brot. Schmeckt auch wie Italien, nur Essig  und Öl können nicht mithalten. Und fürs Auge machen sie auch zu wenig. Und kosten tut es dann 3 Euro. Ich könnte so was mangels Sprachkenntnissen auf der Speisekarte nicht finden und bestellen. Da brauche ich einen Dolmetscher. Mein Aufenthalt hier ist viel zu kurz, in 3 oder 4 Tagen bin ich schon wieder draußen. 

Noch etwas muss ich erwähnen: die Bulgaren verwechseln (wie die Griechen) die Gestik bei ja und nein. Ja heißt da, dabei schütteln sie aber den Kopf,  und beim nein ist es genau umgekehrt. Einmal wollte eine Frau einen Stuhl  von dem Tisch, an dem ich saß. Ich hab sie ja auch nicht verstanden, aber die Gesten waren eindeutig. Ich sagte ja und nickte dabei, das ist verdammt fest einprogrammiert. Sie hat mich natürlich auch nicht verstanden, mein Kopfnicken aber als Ablehnung interpretiert, und ist wieder gegangen. Ich hab ihr dann den Stuhl nachgetragen, was sie auch wieder gewundert hat.

Oder wenn ich frage, ob ich mein Handy aufladen kann, dann schütteln die Leute immer den Kopf und ich falle jedesmal wieder darauf herein und brauche ein paar Sekunden, um zu realisieren, dass das ja heißt. 

Fr 09.06. Ljubimez (km 1710)

Ich bin jetzt in Ljubimez, das ist schon 15 km vor dem Dreiländereck Bulgarien, Griechenland und Türkei. Ich habe beschlossen, die nordöstlichste Ecke von Griechenland auch noch zu besuchen, und dann doch durch die Türkei zu laufen. Meine bisherigen guten Erfahrungen und ein Türke auf dem Ferryboat über die Donau haben mich überzeugt, dass es für mich ungefährlich ist. Er sagte, dass die Türken die freundlichsten Menschen überhaupt sind, ebenso die Polizei. Die ist dort im Gegensatz zu den anderen europäischen Ländern, einschließlich Deutschland, ein wirklicher Freund und Helfer, und von der Politik kriegt man auf dem Land überhaupt nichts mit. Das klang überzeugend, so freundlich wie er war.


Die letzten 3 Tage habe ich unter ständigem Strommangel gelitten, das bißchen was ich hatte, hab ich mit Navigation und ein paar WhatsApp Nachrichten verbraucht. Und so lange Kaffeepausen wollte ich nicht machen, aber jetzt muss ich mal wieder. Mein Solarladegerät hat inzwischen den Geist aufgegeben. Ich habe mir extra noch eine zweite Powerbank gekauft, gehn tun sie beide nicht. Da wird offensichtlich ziemlicher Schrott verkauft. Außerdem tut mir mein linkes Bein wieder weh, ich brauche doch einen Ruhetag, oder zwei. 


Sa 10.06. Swilengrad (km 1725)

Heute habe ich nochmal mein linkes Bein geschont und bin bloß 15 km langsam gegangenen. Ab morgen bin ich in Griechenland, ein bis drei Tage, hängt von meinem Bein ab.

So 11.06. Ptelea / Griechenland (km 1739)

Heute früh bin ich in Griechenland einmarschiert. Im Norden von Bulgarien waren die ersten Maulbeeren reif, im Süden, 2 Wochen später, alle. Dort isst die kein Mensch. Die wachsen wie Unkraut überall. Ich hab sie als exotische Delikatesse angesehen, und hab mir oft den Bauch damit vollgeschlagen. Aber mit der Zeit hängen sie mir auch schon zum Hals raus. Und heute habe ich in Griechenland reife Kirschen gefunden, mitten in einem Dorf, und niemand hat sich dafür interessiert. Sie sind schon massenweise runtergefallen, da hab ich sicher mehr als ein Kilo gefuttert. Dann wachsen dort jede Menge Mirabellen und Walnüsse, die sind aber noch nicht reif.

Laufen kann ich immer noch nicht.