Blog 42 Australien 9

Nordwesten

Di 04.01.22 Eurardy (Km 5.018 / Gesamt 40.683)

In Binnu (37 km nördlich von Northampton) gibt es noch mal eine Tankstelle mit Roadhouse, bis zum nächsten sind es dann 142 km. Heute hatte es 50⁰C, im Schatten. Das erste mal in meinem gesamten Leben. Und das war schon verdammt heiß. Man kann fast nichts mehr anfassen, zu heiß. Auch das Wasser in meiner Box: heiß. Ich hab schon oft auf den permanenten Wind geschimpft, heute war ich dankbar. Ich denke ohne ihn wärs noch schlimmer gewesen. Den Fliegen macht das überhaupt nichts aus, die sind fidel wie immer. Ich habe noch nie etwas oder jemanden so gehaßt, wie ich diese Fliegen hasse. Viele Fahrer bleiben stehen, um mich für verrückt zu erklären und mir kaltes Wasser zu geben. Das hilft sehr gut. Sie haben leistungsfähige Kühlaggregate an Bord, oft sind die Flaschen komplett durchgefroren, so bleiben sie etwas länger kühl. 2 Straßenbauarbeiter blieben mit ihrem LKW stehen und schenkten mir eine halbe Stunde Abkühlzeit in ihrer klimatisierten Fahrerkabine, die sie selber nur ungern verlassen. Selbstverständlich läuft der Motor die ganze Zeit mit. Kein Mensch schaltet ihn in Australien tagsüber jemals aus! Wozu auch, der Sprit ist billig und ich bin der einzige Idiot, der dabei an den Klimawandel denkt.

Jetzt ist schon Mittwoch früh, auch die Nacht war heiß.

Do 06.01. Carnarvon, (Km 5.095)

Das ging jetzt aber schnell. Heute hatte ich einen Lift über etwa 250 Km. Einer meiner Schläuche (im Hinterrad) hat sich begonnen aufzulösen. Ich hab den Verdacht, bei den Temperaturen schmilzt der Kleber unter den Flicken. Meine Fußsohlen glühen, der Schweiß in meinen Schuhen kocht, so fühlt es sich an. 3 Reifenpannen täglich, alle Flicken waren schon aufgebraucht, ein freundlicher Autofahrer hat mich dann mitgenommen. In den Roadhäusern gibts sowas natürlich nicht, erst in Carnarvon. Gestern und heute hatte es 52⁰C. Und da habe ich zu meiner größten Freude entdeckt, dass da selbst die Fliegen kollabieren. Auch ich fühlte mich plötzlich schwach und bekam leichte Kopfschmerzen. Ein Alarmsignal, dachte ich und suchte mir einen schattigen Platz unter einem Baum, dort saß ich dann 2 Stunden, bis etwa um 17:00 Uhr die Fliegen wieder kamen. 50⁰ scheint mir, ist ihr Limit, und wohl auch meines. Vielleicht geht ja mit kälterem Wasser noch ein bisschen mehr, ich will mal sehen, ob ich nicht eine größere Thermosflasche finde.

Die Zeckenplage ist übrigens schon lange vorbei, das war nur die ersten 200 km nördlich von Perth, aber hier gibts seit 3 Tagen eine Ameisenplage. Eine winzige Art, 2-3 mm lang, aber Milliarden, sie sind immer und überall, in der Box, im Zelt, wenn man irgendwo sitzen will, ist es eine Vollbeschäftigung, sie sich vom Leibe zu halten. Sie quetschen sich zwischen meinen Hintern und die Unterlage und wenns ihnen zu eng wird, beißen sie mich. Das nennen sie dann Notwehr. Diese Bisse sind nicht sonderlich schlimm, aber es geschieht etwa im Sekundentakt, und das nervt. Trotzdem sind sie wieder rehabilitiert, während meiner Hitzepause sah ich nämlich, dass die Fliegen ziehmlich apatisch und wehrlos am Boden rumkrochen und die Ameisen stürzten sich sofort auf sie und töteten sie. Ihr werdet kein böses Wort mehr über sie von mir lesen.

Mo 10.01. Minilya (Km 5.242)

Ich muss noch auf den Größen Unterschied zurückkommen. Die Fliegen sind etwa 4x so lang wie diese Ameisenart und damit etwa so groß wie für uns Elefanten. Was müssen das für furchtbare, kleine Kampfmaschinen sein.

Seitdem war es aber nicht mehr so heiß, meist zwischen 35 u. 45⁰.

Heute musste ich 50 km zurücklegen. 20 km südöstlich von Minilya war ein Buschfeuer, der Rauch war von der Straße aus deutlich zu sehen. Der Wind kam aus Südwest, aber weil niemand garantieren kann, dass das so bleibt, ist es natürlich nicht ratsam, dort zu übernachten. Wird sogar in Google maps angezeigt.

Hier im Roadhouse sind sie sehr freundlich zu mir. Es gibt einen Caravanpark, den durfte ich umsonst nutzen, sie gaben mir 20 Liter Trinkwasser, obwohl sie Order haben, solche Anfragen abzulehnen. Autofahrer haben das ja auch wirklich nicht nötig. Für sie ist es nach Carnarvon im Süden 1½ Stunden und die nächste Stadt im Norden ist Exmouth, 2½ Stunden, oder Karratha 5 Stunden (dazwischen gibts noch 2 Roadhäuser). Und zu Fuß kommt hier vielleicht alle 10 Jahre einer vorbei.

Do 13.01. Lyndon (Km 5.335)

Guter Schatten während der Pause ist lebenswichtig, die Bäume lassen zu viel Sonnenlicht durch. 

Die Temperatur steigt jetzt fast immer über 45⁰, gestern habe ich 9 Liter Wasser getrunken. Weniger geht nicht!

Mo 17.01. Karratha (Km 5.417)

Ich hab schon wieder einen Lift gebraucht, und diesmal waren es 340 Km, vom Yannarie Rastplatz bis nach Karratha. Ich erzähle der Reihe nach. In Lyndon gibts eine Farm, 3½ Km abseits von der Straße, aber den Umweg musste ich am Freitag machen, weil meine 35 Liter maximale Wassertransport Kapazität in Wirklichkeit nur mit Müh und Not 4 Tage reichen (ich hab mit dem doppelten gerechnet). Durchschnittlich bekomme ich von Verantwortungsbewussten Fahrern 3 Liter pro Tag geschenkt, dann reicht es schon 5 Tage. Minilya war zwar erst 4 Tage vorher, aber das nächste Roadhouse (Nanutarra) ist 130 Km weit weg und bei der Hitze komme ich nicht so weit jeden Tag. Ich muss eine lange Nachmittags Pause machen. Am heißesten ist es zwischen 14:00 und 18:00 Uhr, obwohl die Sonne schon um 19:15 untergeht.

Bei dem Farmer bekam ich 20 Liter, damit waren alle Behälter wieder voll. Außerdem eine Tasse Tee mit Keksen, eine Dusche und wieder ein Lunchpaket. So gefällt es mir, trotz der Hitze. 

Aber dann konnte ich meinen E-Bike Akku nicht mehr laden. Aufschrauben darf ich ihn nicht, sonst verliere ich die Garantie (er ist ja erst ein halbes Jahr alt), das Ladegerät zeigt  dass es Strom vom Inverter bekommt, aber es lädt nicht. Also liegt es wahrscheinlich an der Batterie. Deshalb stoppte ich meinen Weg am nächsten Parkplatz, um eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Und da saß ich 30 Stunden lang fest. Mit so schwerem Gepäck ohne elektrische Unterstützung, bei der Hitze und immer noch 70 Km bis Nanutarra, das habe ich nicht gewagt. Und der nächste Radlshop ist in Karratha. Einige Fahrer haben sich nach meinem Wohl und Ziel erkundigt, aber heute Mittag kam ein älteres Pährchen mit Wohnanhänger, die haben sich hinter ihr Telefon geklemmt, und 5 Minuten später kam ein Fahrer mit dem geeigneten Fahrzeug (Pickup, nicht überladen), der hat mich mitgenommen. Wie das ging, ist mir schleierhaft.

Fr 21.01. Karratha

Zwischen Carnarvon und hier sieht man immer wieder diese Termiten Bauwerke, bis zu 100 Stück in Sichtweite, bis zu 3 m hoch.


Ich war mit meiner Batterie im einzigen Fahrrad Laden hier, der meinte, er kann mir eine Neue bestellen, kostet 1200,-$. In Adelaide hat sie nur etwa 700,- gekostet. Dann war ich in einem Auto-Elektrik Laden, der wurde mir von mehreren Leuten empfohlen, zu Recht. Die haben die Batterie getestet und sind zu dem Schluss gekommen, dass sie kaputt ist. Dann haben sie die Telefon Nummer von dem Bike Shop in Adelaide gefunden und die wollen die Batterie erst sehen, um zu entscheiden ob sie reparabel ist oder sie mir eine Neue schicken und ob die Garantie gilt. Also hab ich sie per Post zurück geschickt, nach Adelaide. Das dauert auf dem Postweg 7-9 Tage, einfach. Das bedeutet, ich muss hier 3 Wochen warten.

Di 25.01.

In der Nähe von Dampier. Die dunkel rotbraune Farbe kommt von einem hohen Eisengehalt, typisch für Pilbara, so heißt das Land hier. Das Gestein ist vulkanischen Ursprungs und schon Milliarden Jahre alt. Es zerbröckelt nur an der Oberfläche durch Erosion, ein paar Meter tiefer sind es angeblich noch riesige zusammenhängende Blöcke.


Heute nachmittag wollte ich in Adelaide anrufen und fragen, ob meine Batterie eventuell schon da ist, aber es war schon 15:00 Uhr, in Adelaide ist es dann schon 17:30 und die meisten solcher Shops schließen um 17:00 (nur mal um zu zeigen, wie groß Australien ist). 

Und morgen ist Feiertag in ganz Australien. Am 26.01.1788 landete die erste Flotte von Schiffen aus England mit 756 Strafgefangenen in der Sydney Cove, eine kleine Bucht ziehmlich am Ende der Mündung des Parramatta River, im heutigen Sydney, etwa gegenüber dem Ort, wo jetzt die Oper steht. Diesen Tag haben sie später zum Nationalfeiertag erklärt, dem Australia Day. Für die Aborigines ist es der Invasion Day oder survival day (Überleben, Überbleibsel) ein mourning day (Trauertag) oder der day of anger (Tag des Zorns). Aber sie wissen auch, dass die heute lebende Generation der Eindringlinge nicht schuldig ist, für all die Greueltaten und den Völkermord, der damit über sie hereingebrochen ist. Ich kann von ihrer Seite keine Spur von Aggression erkennen, höchstens eine gewisse Neigung zum Vandalismus, obwohl sie auch heute noch meistens wie Menschen 2. oder gar 3. Klasse behandelt werden. Hier in Karratha leben mehr Aborigines, als ich bisher irgendwo in Australien gesehen habe. Den Versuchungen des Alkohols oder übermäßigen Essens sind viele von ihnen hilflos ausgeliefert, das gabs ja vorher nie.


Ich habe mein Lauftraining wieder aufgenommen, wenn man diese Gangart bei Männern über 70 noch "laufen" nennen will, hab ja in Brisbane gesehen was passiert, wenn ich 4 Wochen nichts tue. Dabei begegne ich immer wieder mal einem oder einer Gruppe von ihnen, und sie begrüßen mich inzwischen mit netten Worten wie: hallo Bruder, obwohl ich älter bin als ihr Großvater. Vielleicht spüren sie, was ich über sie denke?

Di 01.02.

Die Steine nochmal aus der Nähe, man sieht an den Bruchstellen, dass sie innen schwarz und außen rotbraun sind, verrostet. Der Eisengehalt ist aber für wirtschaftliche Verwendung zu gering. Und sie finden hier an vielen Stellen viel lukrativere Lagerstätten.

Das war 40 km nordöstlich von hier, Point Samson. Dieses Ungetüm ist so groß wie die, die bei uns und überall auf der Welt z.B. Braunkohle im Tagebau abbauen. Oder Eisenerz oder alles, was oberflächennah in großen Mengen vorkommt und sich gewinnbringend verkaufen lässt. Der frißt jeden Tag einen ganzen Berg, sagte Ian, der mich dorthin geführt hat. Er arbeitet auch dort. Die Minengesellschaften sind die größten Arbeitgeber in ganz West Australien. Ich denke, so wird der Kontinent im Eiltempo verhökert.

Beim Kohleexport spüren sie (der Umweltschutz-Bewegung sei Dank) mittlerweile einen Rückgang der Nachfrage. Und sie rechnen, was ich für vollkommen bescheuert halte, mit einem Schwund von 50% bis 2050. Es wird garantiert viel stärker schrumpfen. Selbst China will jetzt bis 2060 klimaneutral werden, was natürlich auch katastrophal zu spät ist, aber das wird sich noch ändern. Mit jeder Umweltkatastrophe wird den Menschen klarer, dass der CO2 Ausstoß aufhören muss. Dann werden solche starrsinnigen Sturköpfe wie Australien als die Klimaschurken angesehen die sie bis jetzt ja tatsächlich sind, und notfalls mit Sanktionen belegt, je eher, desto besser.

Es gibt aber auch vernünftige Leute hier, die sagen, dass jede weitere Investition in fossile Energie rausgeschmissenes Geld ist, weil das alles nicht mehr so lange funktionieren wird. Viel besser und billiger sind die Investments in die Erneuerbaren, auch rentabler. Ich stimme zu, obwohl ich nie verstanden habe, warum die Anstrengungen, das Leben auf diesem Planeten zu erhalten, auch noch rentabel sein müssen. Wenn es sich finanziell nicht lohnt, dann nicht??? Drum verstehe ich auch nicht, warum Leute, die es sich leisten können und eine Solaranlage aufs Dach bauen, dieses nicht gleich voll machen, sondern nur soviel wie ihnen am wirtschaftlichsten erscheint. Auch hier geht es nicht ums Überleben für sie und ihre Kinder, nein, es geht nur ums Geld. Leute, so wird das nicht gelingen.

Mi 02.02.

Ich muss das mit den Klimaschurken präzisieren: sicherlich gibt es viele Leute, die das Problem Klimawandel immer noch nicht verstanden haben, weil sie es nicht verstehen wollen, weil sie Angst vor jeder Veränderung haben, weil ihnen auch niemand verständlich erklärt, welche Chancen und Vorteile eine Energiewende z.B. hätte. Die australischen Medien sind in der Hand von Rupert Murdoch (natürlich ein alter weißer Mann), der mit der Verbreitung von Angst und Hass und Zwietracht, mit Desinformation und Lügen über den Klimawandel, zu einem der reichsten Menschen in Australien geworden ist, und er wird auch weiterhin alles tun, damit sich an seinem Profitsystem nichts ändert. Diese kleinen Leute meine ich nicht, ich halte sie eher für Opfer einer skrupellosen Gaunerbande, von Murdoch über die Chefetagen der Minengesellschaften bis zur derzeitigen Regierung (die Klimaschurken).

Was dieser Darstellung diametral widerspricht, ist z.B. die Entwicklung der Erneuerbaren Energie. Australien hat mit seinen 25 Millionen Einwohnern letztes Jahr genausoviel Photovoltaik zugebaut wie (möchtegern Weltmeister) Deutschland (85 Mio Einwohner): 5,2 Gigawatt! Schämt euch. Wenn man das pro Kopf umrechnet, steht Deutschland unter den Klimaschurken noch weit vor Australien. Und bei der Windenergie sieht es ähnlich aus. Trotz einer Regierung, die alles tut um zu bremsen und zu verhindern, genauso wie es unsere letzte Regierung gemacht hat. Aber die Geister, die die letzte australische Regierung aus Labour Party und Grünen mit einem wirksamen Förderprogramm geweckt haben, werden sie nicht mehr los. Aber so relativ positiv 5,2 Gigawatt klingt, das reicht bei weitem nicht. Das muss jetzt, nachdem wir die Zeit, in der es leicht gegangen wäre, verschlafen haben, dramatisch mehr werden, wenn wir überleben wollen.


Stellt euch vor, ihr sitzt in einem Flugzeug und hört folgende Durchsage: 

Verehrte Fluggäste, leider haben wir schon vor geraumer Zeit den Punkt verpasst, an dem wir in einen geregelten Sinkflug hätten übergehen müssen, um sanft auf unserem Zielflughafen zu landen. Wir könnten die Landebahn zwar immer noch errrichen, aber dazu müssten wir jetzt einen sehr steilen und für alle an Bord sehr unangenehmen Sturzflug einleiten. Das wollen wir Ihnen nicht zumuten, weshalb wir ganz einfach auf Kurs bleiben. Damit werden wir zwar irgendwann unweigerlich abstürzen, aber bis dahin werden Sie noch einen angenehmen Flug haben.

Ein absurdes Szenario?

Trotzdem ist genau dies die Haltung der Weltgemeinschaft beim Klimaschutz.


(Redaktionsnetzwerk Deutschland)

Di 08.02.

Der Python Pool, 80 km südöstlich von Karratha (Luftlinie), ich habe aber keine Schlange gesehen. Letzten Sonntag haben Chris und Jo (meine neuen Gastgeber) mit mir einen Ausflug ins Landesinnere von Pilbara gemacht. Dorthin, wo ich normalerweise nie hinkomme, nicht weil 100 km zu weit für mich ist, sondern weil meine Zeit begrenzt ist (ja, meine Lebenszeit auch, aber hier meine ich das Visum).

Meiner letzten Gastfamilie bin ich schließlich doch zu anstrengend geworden. Luke hat seine Eltern ja nicht gefragt, bevor er mich eingeladen hat, dass sie trotzdem 2 Wochen lang mitgespielt haben, ist ihnen hoch anzurechnen. So haben wir uns in aller Freundschaft und herzlich verabschiedet und bevor ich Karratha wieder verlasse, soll ich sie nochmal besuchen. 

Ein paar Tage nach Luke hat mich Jo eingeladen, und da bin ich jetzt. Als Gegenleistung baue ich zur Zeit in paar Möbel, für zusätzlichen Stauraum.

Meine Batterie ist unterwegs hierher, sie haben sie repariert, auf Garantie, nur die Portogebühr musste ich bezahlen.

Ich schimpfe ja oft und gerne auf Australien, aber ich hoffe, dass all die freundlichen und hilfsbereiten und vernünftigen Menschen hier sich nicht betroffen fühlen. Letztlich liegen die meisten Missstände an der Regierung. Der oberste Regierungschef hier wird Prime Minister genannt, heißt Scott Morrison und sie sind noch blöder wie es unsere letzte Regierung war. Und sie lassen das ganze Volk bescheuert aussehen.

Ich will das nochmal am Beispiel Klimawandel erklären.

2020 hat Australien fast 900 Millionen Tonnen Eisenerz exportiert, das meiste davon aus Pilbara, 64% davon nach China, an 2. Stelle steht Japan, auch nach Indien und sogar bis nach Europa! Und das geht schon mindestens seit 60 Jahren so, mit wenigen Ausnahmen, natürlich mit bisher steigender Tendenz. Zusammengerechnet müssen das viele Milliarden Tonnen sein, mit dem dreckigsten Treibstoff den man sich denken kann, Schweröl, um die halbe Welt transportiert. Das muss um Lebens Willen aufhören.

Australien hat pro Jahr doppelt soviel Sonnenstunden wie Deutschland, und ich wette, 3mal soviel Wind. Pilbara ist 1½ mal so groß wie Deutschland, hat nur 67.000 Einwohner, ist sehr trocken und landwirtschaftlich kaum nutzbar, eine Halbwüste. Wenn nun die erneuerbaren Energien sogar in Deutschland schon viel billiger sind als die fossilen, wie ist das dann erst in Australien? Die Morrison Regierung hat jetzt wieder 600 Mio Dollar locker gemacht um ein Gaskraftwerk zu fördern, von dem Fachleute und Umweltschutzverbände, sogar Energieversorger sagen, unnötig, zu teuer und umweltschädlich. Scott ist das egal, er muss es ja nicht bezahlen, das bezahlt das Volk. Und es zeigt sich langsam, dass jeder, der schon mal ein Buschfeuer hier erlebt hat und auch die, die es sich vorstellen können, es für keine gute Idee halten, noch mehr Treibhausgase in die Atmosphäre zu blasen. Zurück zur Pilbara. Hier könnte man endlose Solar- und Windparks bauen, mit diesen Investitionen bekäme man ein vielfaches der Strommenge und die wäre auch noch CO2 frei. Man könnte grünen Wasserstoff damit produzieren, das Eisenerz hier an Ort und Stelle zu grünem Stahl verarbeiten, der ist natürlich wesentlich wertvoller als dreckiger Kohlestahl, das Transportgewicht würde drastisch reduziert, es wäre sogar noch genug Wasserstoff für saubere Transportschiffe übrig. Und die vielen hochwertigen Arbeitsplätze-  die Zukunft könnte paradiesisch sein, aber mit so einer Regierung ist sie düster, grau und tödlich.

So 13.02. Karratha

Immer noch.


Ganz so düster sieht die Realität hier in Australien doch nicht aus. Auch hier wird inzwischen der Klimaschutz oft erfolgreich eingeklagt. Newcastle liegt in New South Wales, etwa 150 km nordöstlich von Sidney. Nochmal 150 km nordwestlich davon ist ein wunderschönes Tal mit fruchtbarem Farmland, nur leider liegt dort, nicht allzu tief darunter eine Schicht Kohle, worauf skrupellose Kapitalisten ein Auge geworfen haben. Die Menge die dort mutmaßlich liegt, reicht für 600 Millionen Tonnen CO2. Sie haben dafür eine Lizenz beantragt und von einer ebenso skrupellosen Regierung auch bekommen. Umweltschützer und Bewohner des Tals haben dagegen geklagt und Recht bekommen, auch in der zweiten Instanz, beim obersten Gericht! Die Firma, die die Kohle gern ausgraben und verbrennen bzw. verkaufen will, hat ihren Stammsitz in Südkorea und dort haben sie auch das baldige Ende der Kohle beschlossen, was natürlich nicht für Australien gilt. Sie glaubten wohl, den eigenen Ausstieg so noch eine Weile unterlaufen zu können. 

Letztes Jahr gab es 12 solcher oder ähnlicher Fälle, wo Richter der Regierung klar gemacht haben, dass Umweltschutz und die Lebensinteressen der nächsten Generation einklagbare Grundrechte sind.

Andrew Forrest ist mit 20 Milliarden Dollar auf dem 10. Platz unter den reichsten Australiern. Er hat das Geld mit verschiedenen Minen und Gas gemacht, aber er sieht auch, dass wir eine Energiewende brauchen und investiert viel Geld in die Erneuerbaren. Er ist auch überzeugt, damit mehr zu verdienen als mit den fossilen Energien. Und nun habe ich erfahren, dass er genau das, was ich im letzten Beitrag entworfen habe, auch geplant hat. Er ist sogar schon viel weiter und hat soeben Baugenehmigungen dafür beantragt.

Es wäre jetzt an der Regierung, solche Projekte zu fördern und zu unterstützen, damit es noch mehr werden. 

Bald sind Parlamentswahlen hier. Wer auch immer in der Opposition ist, ich hoffe, dass er oder sie gewinnt. Werde mich demnächst darüber informieren.

Mo 21.02. Karratha

Mit Chris und Jo in der Pilbara, ich bin immer noch bei ihnen. Habe inzwischen ein paar Einbauschränke für sie gebaut, neue Türdrücker und -schlösser montiert und meine Reisebox nochmal vergrößert (um 3 cm erhöht), damit ein kleiner Camper Kühlschrank reinpasst. Dann hab ich sie noch für weitere 20 Liter Wasser aufgerüstet, ich hab ja gelernt, dass ich solche Temperaturen nur mit ausreichend kaltem Wasser überleben kann. Auch viele Lebensmittel sind dann einfach nicht lange genug haltbar. Und die längsten Etappen stehen mir noch bevor, je nachdem welchen Weg ich einschlage, 400 bis 700 km.


Noch eine positive Nachricht aus Australien: die zeigt, dass selbst Scott Morrison die Energiewende nicht mehr aufhalten kann.

In Eraring, 20 km südlich von Newkastle, in New South Wales, ich bin direkt daran vorbeigegangen, steht das größte Kohlekraftwerk von Australien mit 3 GigaWatt Leistung und sie (die Betreiberfirma und die Regierung) haben beschlossen, es bis 2035 stillzulegen, die letzten sollen nach ihren Vorstellungen noch bis 2051 laufen. Jetzt wollen die Betreiber das aber schon 7 Jahre früher tun. Die Regierungschefs der Bundesstaaten heißen auch Prime Minister und der von NSW heißt Dominik Perrottet, ebenfalls bei der Liberalen Partei. Dieser sich für das zukünftige Wohl seines Volkes aufopfernde Landesvater zeigte sich darüber enttäuscht und verärgert, auch weil die Kraftwerks Eigentümer ihn nicht mehr vorher fragen. Selbst für sie ist diese Regierungspartei nur noch ein Klotz am Bein. Insgesamt sind in Australien jetzt 55 GW Wind- und Solarenergie installiert, sie brauchen dieses Kohlekraftwerk also wirklich nicht mehr, zumal es preislich gegen die Erneuerbaren nicht mehr konkurrenzfähig ist. Die Führungsköpfe der Liberalen behaupten immer noch, Wind und Sonne seien zu unzuverlässig, zu teuer und man dürfe die Arbeitsplätze in der Kohleindustrie nicht opfern. Dabei haben die Erneuerbaren längst viel mehr Arbeitsplätze geschaffen. Das beweist doch, dass sie in Wirklichkeit nur die Marionetten der Kohlebarone sind (dabei sind sich selbst die nicht mehr einig). Derer, die weiterhin viel Geld mit Kohle verdienen wollen, die dafür auch die Zerstörung des Klimas in Kauf nehmen, die glauben, sie dürften bis in alle Ewigkeit ihren Dreck über unseren Köpfen abladen und das auch noch umsonst. Was geben sie den Liberalen dafür, dass die die politische Dreckarbeit für sie machen?  Z.B. haben sie bis jetzt jeglichen Preis für die CO2 Verschmutzung verhindert, Geld, das für die Energiewende dringend gebraucht wird.


Australien ist eine parlamentarische Monarchie, die englische Queen ist auch Königin von Australien. Das Wahlsystem ist kompliziert, ich glaube nicht, dass es viele Australier verstehen, ich auch nicht. Alle 3 Jahre sind Parlamentswahlen, die stärkste Partei stellt den Prime Minister. Im Prinzip ist es ein 2 Parteien System wie in vielen Ländern, die Großen verschaffen sich genug Vorteile, sodass die Kleinen chancenlos sind. Sowas sollte sich nicht Demokratie nennen dürfen, wenn man nur die Wahl zwischen Pest und Cholera hat. Momentan herrscht die Liberale Partei, in einer Koalition mit irgendwelchen Nationalen. Die Labour Party hatte bei den letzten Wahlen nur knapp 2% weniger Stimmen, die Grünen lagen knapp unter 10%. Die nächste Wahl ist im Mai. Ich hoffe, die Wähler jagen ihre Regierung dann zum Teufel, damit sie verrottet.

Di 22.02.

Ach so, den Kühlschrank hab ich vor 3 Wochen bestellt und ich warte immer noch darauf. Jetzt hab ich noch 4½ Monate Zeit und nach Cairns sind es von hier 4.300 km. Das nächste Problem ist mein Pass, der läuft im August ab. Ich hab mit dem deutschen Konsulat in Cairns telefoniert, die können mir einen neuen beschaffen, dazu muss ich meine Fingerabdrücke abgeben und dann dauert es nochmal 8 bis 10 Wochen. Das kann ich also vergessen. Es gibt aber auch ein Konsulat in Darwin, vielleicht können die ihn dann nach Cairns schicken. Darwin liegt nicht direkt auf dem kürzesten Weg, das sind von Katherine hin und zurück 600 km mehr. Da werde ich wohl nochmal einen Lift brauchen. Die 3. Option wäre, zurück nach Perth. Eine Busfahrkarte von Karratha kostet 600$, das reizt mich am allerwenigsten. Das alles ist höchst spekulativ, niemand weiß, was das Coronavirus bis dahin macht und ob ich dann nach Neuseeland fliegen kann.

So sieht mein Anhänger jetzt aus, mit Sonnensegel und 2 zusätzlichen Wasserkanistern. Damit kann ich von nun an bis zu 60 Liter mitschleppen.

Fr 25.02. Broome (Km 5.417)

Chris und Jo haben beschlossen, einen Ausflug nach Broome zu machen, um meine Strecke zu verkürzen (800Km). Wir sind für 2 Nächte in einem Hotel und sie fahren am Sonntag wieder zurück nach Karratha. Ich fahre nochmal mit bis zum Highway (30Km) und starte von dort.

Von nun an gibts wieder Krokodile. Weil ich noch nie ein leibhaftiges gesehen habe, ist Chris mit mir zu einer Krokodilfarm gefahren. Die beiden hier sind 4-5 m lange Salzwasserkrokodile. Im Hintergrund eine mit grünen Algen bedeckte Wasserfläche, darin wimmelt es von Salties, wie sie hier liebevoll genannt werden, man sieht nur die Augen. Sie sind pünktlich zur Fütterung gekommen und steigen erst aus dem Wasser, wenns wirklich losgeht. Dabei hat mir eines mit dem Schwanz schmutziges Wasser auf die Kameralinse gespritzt, die anderen Bilder sind deshalb nicht mehr so gut gelungen.

Dort habe ich einige praktische Informationen bekommen, z.B. die: auch wenn die Augen nicht herauslugen, sehen sie genau was außerhalb des Wassers vor sich geht und ob sich etwa eine potentielle Beute nähert. Aber sie können an Land doch nicht so schnell laufen wie ich dachte und wie mir in Queensland erzählt wurde. Ihre Höchstgeschwindigkeit ist nur 14 Km/h und die halten sie auch nur 20 m lang durch. Ein Mensch hat also gute Chancen, ihnen davonzulaufen. Im Wasser schaut das anders aus, dort stehen die Chancen schlecht. Man kann ihnen nicht mal die Augen ausstechen, wenn man gerade gefressen wird, die können sie nämlich weit in die Augenhöhle zurückziehen (bis 10cm) und den Kiefer auseinanderdrücken geht auch nicht, ihre Beißkraft beträgt mehrere Tonnen. Sie leben keineswegs nur im Salzwasser, sie wandern bis zu 50Km landeinwärts den Flüssen entlang. Aber so groß scheint das Risiko doch nicht zu sein, in Australien werden jährlich nur 1 bis 2 Menschen von Kroks gefressen oder getötet. Zum Vergleich: 3 sterben durch Blitzschlag, im Straßenverkehr sind es 1300, es gibt im langjährigen Schnitt 20 Haiattacken, eine davon endet tödlich, letztes Jahr waren es ausnahmsweise 8 Tote.

Die Süsswasser Krokodile sind deutlich kleiner und intelligenter, die greifen erwachsene Menschen normalerweise nicht an, wir sind etwas zu groß. Der Guide sagte, die Salties sind absolut lernunfähig oder -willig, jedenfalls hier im Zoo.

So 27.02. Karratha

Ein Helmkasuar. Er lebt jetzt auch in diesem Zoo, ihr natürlicher Lebensraum sind die noch weitgehend unberührten Bergwälder von Papua-Neuguinea, es gibt aber auch einige wenige auf der Kap York Halbinsel, im letzten Nordosten Australiens. Sie sind mit dem Emu verwandt, auch flugunfähig und mit bis zu 1,70m Kopfhöhe fast genauso groß (Emu 1,90m). Der hier war nur halb so groß. Noch eine interessante Besonderheit: für Nestbau, Brut und Kindererziehung sind allein die Männchen verantwortlich, die Weibchen ziehen nach der Eiablage weiter und gehen ihrem Vergnügen nach. Die Brutzeit dauert 7-8 Wochen, während dieser Zeit kann der Vater weder essen noch trinken, weil er das Nest nicht verlassen darf und als Einzelgänger bringt ihm auch keiner was. Sie ernähren sich hauptsächlich von Früchten. Der Helm ist wie der Schnabel aus Horn gefertigt, ob er etwa als Resonanzkörper für die Stimme (die ähnlich klingt wie beim Emu) dient oder für die Körpertemperatur nützlich, oder nur ein Schönheitsideal ist, wissen sie noch nicht.

Am Samstag haben wir erfahren, dass ein Zyklon auf uns zukommt. In 4 Tagen wird er voraussichtlich in Derby sein, dann bin ich auch etwa dort. Er hat momentan "nur" die Kategorie 1, das bedeutet Windgeschwindigkeit über 120 Km/h, aber unvorstellbare Regenmengen mit einem Durchmesser von 300 bis 500 Km. Damit bin ich dann fast mitten drin. Man kann keine gesicherten Voraussagen treffen, alles kann sich kurzfristig ändern. Die Richtung, die Stärke, die Geschwindigkeit mit der sich das Zentrum bewegt. Jetzt sind es nur 12 Km/h und sie sagen, dass er sich entlang der Küste nach Südwesten bewegt, also in Richtung Broome. Im Zentrum mit einem Durchmesser von 70 bis 150 Km scheint die Sonne und es ist windstill, aber drumherum ist die Hölle los. Vor 44 Jahren hat ein Zyklon der Stärke 5 die Stadt Darwin komplett dem Erdboden gleichgemacht. Da treten Windgeschwindigkeiten von bis über 300Km/h auf, da bleibt kein Stein mehr auf dem anderen, da bleibt nur noch die Flucht. Im nächsten Ort, Fitzroy Crossing, 400Km von Broome, sind beim letzten Hochwasser die Krokodile in der Stadt spazieren gegangen und das war nur ein normaler Starkregen. 

Ich habe überlegt, ob ich das riskieren kann, vielleicht wirds ja doch nicht so schlimm, vielleicht finde ich nötigenfalls wieder eine Mitfahrgelegenheit. Aber das Problem ist, da draußen gibts kein Internet, ich kann also keinen aktuellen Wetterbericht empfangen. Und wenn die Straße überflutet wird, kommt auch kein Auto mehr, das mich rettet, dann sitze ich unter denkbar schlechtesten Bedingungen zwischen 2 Senken fest, womöglich tagelang.

Chris und Jo sagten: das kommt nicht in Frage, du fährst mit uns zurück nach Karratha! So haben wir es dann gemacht.

Fr 11.03. Karratha (Km 5.417)

Ein Flaschenbaum in Broome (Brachychiton). In Australien werden sie auch Baobab oder Boab genannt, es gibt viele verschiedene Arten, auch der afrikanische Affenbrotbaum gehört zu dieser Familie der Malvengewächse. Sie haben also ihre Wurzeln offensichtlich in Gondwana. Im Hintergrund Jo und Chris, meine Adoptivkinder in Karratha. Sie haben mich sofort adoptiert, nachdem wir uns kennengelernt haben.


Am Montag will Chris mich nach Halls Creek bringen, dann liege ich wieder im Zeitplan. Er sagt, dass es dort, südlich der Kimberleys immer noch überflutete Straßen gibt, nicht nur vom Zyklon, es hat auch danach noch viele schwere Regenfälle gegeben. Dort, im Norden von Western Australia dauert die Regenzeit den ganzen Sommer, von Oktober/November bis März/April und in dieser Zeit fallen 90% der Jahres Niederschlagsmenge. Ich darf also hoffen, dass das schlimmste vorbei ist. Auch die Zyklon Hauptsaison ist vorbei. Hier in Karratha hats nur wenig geregnet, einmal heftig, aber kurz. 


Habt ihr von den Überschwemmungen in Brisbane und Sidney gehört? Sie nennen es einen Jahrtausend Regen. Es kann also nichts mit dem Klimawandel zu tun haben, wenn es das auch vor tausend Jahren schon mal gab. Aber im Mai sind Neuwahlen.

Es gibt in Australien einen Energie Minister, Angus Taylor heißt er und in seiner Jobbeschreibung steht, dass er auch für Klimaschutz und Emissions Reduzierung zuständig ist. Und er schimpft auf Umweltschützer, die im Beetaloo Valley (20km östl. von Port Pirie) in Süd Australien die Erschließung von neuen Gas- und Ölquellen verhindern wollen. SA hat an günstigen Tagen schon 100% erneuerbaren Strom erzeugt (was er als seinen Erfolg feiert), nicht mit seiner Hilfe, sondern trotz seiner heftigen Gegenwehr. Tasmanien liegt sogar schon bei durchschnittlich 100% (hauptsächlich Wasserkraft und sie planen in den nächsten Jahren mit Sonne und Wind 200%), Queensland liegt dagegen bei 20, der australische Durchschnitt bei 36%. Das zeigt, dass nicht alle Landesregierungen so blöd sind.

Do 17.03. Ord River (Km 5.484/H 400m)

Am Montag hat mich Chris mit seinem "Ute" nach Halls Creek gebracht (1400 km). Ute ist die Abkürzung von Utility Vehicle, weil man damit alles mögliche nützliches und unnützes Zeug gut transportieren kann (z.B. meinen Anhänger). Das ist eine Mischung aus PKW vorne und LKW hinten, meist mit offener Ladefläche, in Australien sehr beliebt, hat fast Kultstatus. Obwohl Australien so riesig ist und die Abstände zwischen den Orten gewaltig, gibt es ein generelles Tempolimit von 110 km/h. Und alle halten sich daran, ich hab noch keinen "Rowdy" gesehen. Dieser Ute verbraucht 11 Liter Diesel pro 100 km bei gleichmäßiger Tempomat gesteuerter Geschwindigkeit. Das hat bisher keine Rolle gespielt bei Spritpreisen von um die 1,0 Euro, aber jetzt ist dieser Preis wie überall explodiert. Durchschnittlich 2,30 $ waren es hier, umgerechnet 1,50 €. Für die Australier klingt das schon fast nach Weltuntergang. Die deutschen Spritpreise von 3,30$ lösen verständnisloses Staunen aus.

Unterwegs gab es eine überschwemmte Straße (Foto), war nur 10 cm tief, der Ute könnte auch durch 1 m tiefes Wasser fahren, einen wolkenbruchartigen Regen und ein Buschfeuer. Ausgerechnet dort, 100 km vor Halls Creek, war einer der seltenen Parkplätze, in Sichtweite des Feuers, dort haben wir übernachtet. Der Wind stand günstig, blies das Feuer weg von uns, trotzdem konnten wir es deutlich riechen. Wenn die Turbulenzen den Rauch gegen die Windrichtung transportieren können, warum dann nicht auch den einen oder anderen Funken? Da stand auch ein Schwerlastwagen, der Fahrer schlief hier auch, so haben wir uns darauf verlassen, dass es schon einer merken wird, wenn das Feuer näher kommt. In der Früh wars dann aus.


Am Dienstag bin ich von Halls Creek etwa um 09 Uhr gestartet und dann hat sich das bequeme Leben in Karratha gerächt. 2 Monate Klimaanlage haben meine Hitzeresistenz und meine Leistungsfähigkeit deutlich geschmolzen. Es hatte zwar nur 46⁰, aber das fühlte sich genauso an, wie die 52⁰ vor Carnarvon. Nächste Woche ist hier Herbstanfang und ich hatte gehofft, dass die Hitze langsam nachlässt, aber nix da. Ich bin hier 200 bis 300 km von der Küste weg, da macht sich das inneraustralische Kontinentalklima doch schon bemerkbar. Das bedeutet, im Sommer heißer, im Winter kälter als an der Küste. Zu meinem Glück, blieb ein Auto neben mir stehen, eine Aborigine Frau stieg aus und fragte mich, ob ich kaltes Wasser bräuchte. Oh ja, und wie! Sie gab mir 2 Flaschen, gut gekühlt und füllte dann noch meine große Thermosflasche mit Eiswürfeln. Damit war dieser Tag gerettet. Sie sagte, sie fährt nach Kununurra, 340 km von hier, und kommt am Freitag wieder zurück, dann gibt sie mir wieder was. Kein weißer Australier ist auf die Idee gekommen, auch nicht am Mittwoch und heute auch nicht. Sie fühlte sich verantwortlich für ein Problem, das ihr nur zufällig am Straßenrand begegnet ist. Dafür liebe ich sie. Und die Hitze wurde noch schlimmer, heute waren es 51⁰C. Aber am Nachmittag sind dicke schwarze Woken aufgezogen, Regen und Gewitter ringsum, aber ich kam trocken durch. Eine willkommene Abkühlung. Jetzt liege ich im Zelt, und es beginnt zu tröpfeln. Am Dienstag hab ich nur 19 km geschafft, am Mittwoch 28 und heute 20. Mein Plan ist, bis Cairns im Schnitt 34 km, und ich bin mir sicher, dass ich das auch schaffe.

Fr 18.03. Leycesters Rest (Km 5.516/H 300)

Die Boabs wachsen hier frei in der Pampa. Sieht so aus, als ob sie irgendwann das Längenwachstum aufgeben und dann immer dicker werden.

Heute waren es schon 32 Km und es war den ganzen Tag stark bewölkt, Temperaturen bis 40⁰, ist schon deutlich besser.

Meine schwarze Freundin ist nicht aufgetaucht, dafür gaben mir 2 junge Männer eine kühle Dose Bier, egal, das hilft auch. Wasser hatten sie keins.

Es gibt hier, vor allem an der Nord- und Nordostküste eine Krötenplage. Die Aga Kröte, hier heißt sie Caine Toad (Zuckerrohr Kröte). Sie ist eine der größten unter den Froschlurchen, kann bis zu 22 cm lang werden und über 1 Kg schwer. Ursprünglich aus Mittelamerika wurde sie überall dort angesiedelt, wo Zuckerrohr angepflanzt wurde. Geschäftstüchtige Händler priesen sie als Wunderwaffe gegen Schädlinge in den Zuckerrohr Plantagen und obwohl das schon seit fast 100 Jahren überall schiefgegangen ist, mit teils katastrophalen ökologischen Nebenwirkungen, wurde sie auch 1935 in Australien eingeführt. Seither vermehren sie sich explosionsartig. Ein Weibchen kann bis zu 72000 Eier legen, pro Jahr. Nur wenige überleben, was aber für eine jährliche Zunahme der Population von geschätzt 25% reicht. Und sie fressen alles, vor allem kleinere Tiere, auch Katzenfutter, sie überstehen sogar Trockenperioden und überleben es, wenn sie 50% ihrer Körperflüssigkeit verlieren, also halb vertrocknet sind. Und sie sondern ein giftiges Hautsekret ab, womit sie sich wirkungsvoll vor anderen Fressfeinden schützen. 2016 wurde ihre Zahl schon auf 200 Millionen geschätzt, in Australien. Wenn ich das hochrechne, komme ich 2021 auf 610 Millionen.

So 20.03. Warnum (Km 5.576)

Nicht etwa Cannabis (Hanf), obwohl die Ähnlichkeit verblüfft, das sind die Blätter des Boab Baumes. Natürlich gibts da verschiedene Arten, aber diese sehe ich seit Broome, also in den gesamten Kimberleys.

Kimberley ist die nördlichste Region von Western Australia nach Pilbara, sie ist etwas kleiner, aber immer noch so groß wie Deutschland und Österreich zusammen. Und hier leben 38.000 Menschen. Es ist eine bergige Region und wenn die Leute hier den Plural verwenden, dann meinen sie die Berge. Sie sind nicht hoch, im Internet finde ich nichts über einen höchsten Berg, ich glaube, sie wissen es immer noch nicht.


Es gibt außer meiner Verweichlichung in Karratha noch einen Grund, warum die Hitze hier schlimmer ist: es weht im Verhältnis zur Küste kaum Wind. 

Heute ist Loren wieder aufgetaucht, ihr wisst schon, meine schwarze Freundin, wieder gab sie mir ein paar Flaschen kaltes Wasser und hatte einen ca. 5 Kg schweren Plastiksack voller Eiswürfel dabei. Damit füllten wir wieder meine Thermosflaschen. Außer den beiden Jungs am Freitag ist sonst bisher keiner auf die Idee gekommen sich vorzustellen, wie sehr sich jemand, der offensichtlich den ganzen Tag in dieser Hitze unterwegs ist, eine Abkühlung wünscht. Und sie hat mich gewarnt: "don't stay in Kununurra". Ich soll dort möglichst nicht übernachten, das ist ein gefährliches Pflaster. Ich hab das auch in Karratha schon gehört, auch über Fitzroy Crossing und Halls Creek. In Fitzroy Cr. sind wir nachts durchgefahren, da sah ich einige indigene Gestalten herumlungern, ich denke, diesmal muss ich es ernst nehmen. Loren sagte nicht, dass ihre Artgenossen das Leben dort unsicher machen, ich denke, dass sie sich da auch irgendwie mitverantwortlich fühlt. 

Jo hat eine Tankstelle mit Shop in Karratha (leitende Angestellte) und sie erzählte fast täglich von unangenehmen Zwischenfällen mit Aborigines, meist Ladendiebstahl. Aber auch positives, z.B. Brüder, Schwestern oder Mütter, die kamen und etwas bezahlten, das einer ihrer Angehörigen geklaut hat. Sie sagte, das sei nur eine Minderheit unter ihnen, die die ganze Stadt tyrannisieren, die schlecht oder gar nicht sozialisiert sind und die auch ihre Kinder nicht erziehen. Dieses Problem kennt jeder, das gibts überall. In Kimberley macht die indigene Bevölkerung 50% aus. Die haben noch vor 150 Jahren in der Steinzeit gelebt, sind heute immer noch die Underdogs, mich wundert es nicht, dass es da Probleme gibt.

Zum Abschied fragte ich Loren, ob ich sie umarmen darf, ich durfte.

Sa 26.03. Lake Argyle (Km 5.739/H 80m)

Am Mittwoch ein anderer rettender Engel:

Rasma heißt er, und auch ihm war klar, dass man da draußen bei der Hitze innere Kühlung braucht. In seiner blauen Plastik Kühlbox waren Eis und kaltes Wasser.

Am Donnerstag war ich im Doon Doon Roadhouse in Durack. Dort konnte ich umsonst duschen und nochmal 10 Liter Wasser nachfüllen, sonst wäre es knapp bis Kununurra. Es sind aber nicht nur die Aborigines, die Verständnis für mich haben. Am Freitag hielt wieder ein weißer Autofahrer, auch er hatte kein Wasser, nur Bier in seiner Kühlbox, aber diesmal war es alkoholfrei und davon gab er mir 3 Dosen. Hilft genausogut. Das lustige an der Begegnung: er heißt ebenfalls Chris Brown und sein nickname (Spitzname) ist Browny. Er erzählte mir, er hat ein paar Jahre bei Aboriginies gelebt und viel von ihnen gelernt (ich nehme an, auch die Hilfsbereitschaft).


Ich bin seit Durack westlich von diesem Lake nach Norden gegangen, jetzt gehts weiter nach Osten. Das ist der größte Stausee von Australien, damit werden Farmland und Sandelholz Plantagen bewässert und er liefert jährlich 210 GWh Strom. Er ist schon lang nicht mehr so richtig voll gewesen, weil es meistens zu wenig regnet hier. Mein Vorschlag dazu: sofort mehr Sonnen- und Windenergie erzeugen und das Wasser dieses Sees nur während der Dunkelflauten zur Stromerzeugung nutzen. Man könnte bei Solar- und Windstrom Überfluss sogar einen Teil wieder hinaufpumpen um die Erneuerbaren nicht abschalten zu müssen, um das Netz zu stabilisieren und später umso mehr Strom mit Wasserkraft zu erzeugen. Dann kann man sich eine Menge teure Batterien sparen. Im See tummeln sich 25.000 Krokodile.