BLOG 20 Maharashtra 2

Do 24.05.18 Kankavali (km 9554)

Hier ist dieser Fluss die Grenze zwischen Goa und Maharashtra. Die Brücke heißt Satarda Bridge, nach dem nächsten Ort und der liegt schon wieder 80 km hinter mir. 

Ich hatte die letzten Tage wieder kein Internet.

Vorgestern war ich in Malvan, von dort habe ich mich nah an der Küste nach Nordwesten bewegt, weil ich dachte, da ist weniger Verkehr. Das war auch so, aber eben auch kein Internet. Absolut kein bisschen. 

Fr 25.05. Kondye (km 9598)

Hier in Kankavali ist es aber auch schwach. Nach jedem Schritt musste ich lange warten, bis ich weitermachen konnte, dabei bin ich eingeschlafen. In der Früh muß ich mich gleich auf den Weg machen, bevor es wieder so heiß ist. Jetzt ist es 12 Uhr und ich mach meine erste Hitzepause. Zum Glück gibt es hier Internet. 

Wer meinen letzten Ort gegoogelt hat, konnte sehen, dass ich mich wieder in Richtung Landesinnere bewege. Hier sind die Orte größer, deshalb gibt's da auch Internet. Ohne- ist die Darstellung der Straßenkarte so schlecht, dass ich mich dauernd verlaufe und so habe ich das Gefühl, dass ich nicht vorwärts komme. Also die Küste liegt, zumindest hier im Südwesten von Maharashtra, hinter dem Mond. Dabei ist es wunderschön hier. Aber die Inder sehen es nicht. Sie haben keine Zeit und kein Geld und keinen Kopf für das, was uns Europäern so wichtig ist: Freizeit, Urlaub, Erholung, Wellness, Natur, Schönheit usw. Es gibt ein paar Touristen Orte, aber der große Rest ist einfach noch nicht entdeckt und erschlossen.

Mein Hauptproblem aber ist die Sonne. Wenn man die Bahn der Erde um die Sonne als unseren Tellerrand betrachtet, dann steht die Erdachse um 23 Grad geneigt zu dieser Ebene. Und sie steht nahezu unveränderbar fest im Raum. Das bedeutet, dass der Nordpol einmal zur Sonne geneigt ist, dann ist auf der Nordhalbkugel Sommer, ein halbes Jahr später zeigt er weg von der Sonne, dann haben wir Winter. Dann steht die Sonne 23 Grad südlich vom Äquator, oder senkrecht über dem 23. Grad südlicher Breite (am 21.12.). Am 21.06. steht sie senkrecht über dem 23. Grad nördlicher Breite. Das heißt, sie deckt einen Bereich von 46 Grad ab. Diesen Weg legt sie in einem halben Jahr zurück. Erdumfang : 360 Grad sind etwa 110 km pro Grad x 46 Grad sind 5100 km : 180 Tage = 28 km. Diese Strecke schafft die Sonne also durchschnittlich jeden Tag, momentan ist sie auf dem Weg nach Norden. Wie ich. Ich kann so schnell und weit gehen und laufen wie ich will, die Sonne bleibt senkrecht über mir. Bis kurz vor Neu Delhi. Dort kehrt sie dann wieder um. Das heißt, erst in etwa 2 Monaten wirds langsam besser. Dann hab ich jetzt also Halbzeit, was das Maximum an Hitze betrifft, und dies betrachte ich als die schwierigste Etappe bisher. 


Und dafür bekommt ein Arbeiter 300 Rupies am Tag (3,60€).

Sa 26.05. Lanja (km 9638)

Hier bin ich in einen Bus gestiegen und fahre nach Mumbai. Ich muss der Sonne entfliehen. 


So 27.05. Mumbai

10 Stunden hat der Bus für die 330 km nach Mumbai gebraucht. Das liegt an den schlechten Straßen und am vielen Verkehr. Es gab 2 junge Busfahrer, die sich abgewechselt haben und sie haben ihren Job relativ gut gemacht, abgesehen von zu riskanten Überholmanövern, zB. vor und in unübersichtlichen Kurven oder trotz Gegenverkehr und das alles auf normaler, 2 spuriger Straße, und zu geringem Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug. Gut angesichts der Tatsache, dass das alle so machen und wir diese 10 Stunden unfallfrei überstanden haben. Die Hupe wurde erfunden, um Unaufmerksame Verkehrsteilnehmer vor dem herannahenden Fahrzeug zu warnen. Hier wird sie verwendet, als Ersatz für Fäuste und Ellbogen, um den Weg freizukämpfen und die Vorfahrt zu erzwingen. Überholt wird rechts, links, in der Mitte, wo es halt grad geht. Ob andere dadurch in Bedrängnis kommen, interessiert nicht.

Ich muss nochmal die Verkehrsopferstatistik zitieren: in Deutschland 4,7 (das ist noch kein Spitzenplatz) und in Indien 18,9 pro 100.000 Einwohner und Jahr. So richtig dramatisch wird diese Zahl erst, wenn man sich die Zahl der angemeldeten Kraftfahrzeuge pro 1000 Einwohner anschaut. Da habe ich folgende Zahlen gefunden: in Deutschland 573, in Indien 9,8. Dramatisch wirds auch, wenn man das auf das ganze Land hochrechnet: das sind 250.000 Verkehrstote jedes Jahr, allein in Indien. Es wäre der Job der Regierung, hier Regeln zu schaffen und durchzusetzen, die diesen Wahnsinn verringern. Warum tun sie das nicht? Auch ich kann hier keine andere Erklärung finden, als die, dass es ihnen scheißegal ist, weil es eh zu viele Menschen in Indien gibt. Das sagen sie ihren Wählern aber nicht und als Ignoranz Weltmeister merken die das nicht. Und das nennt sich dann größte Demokratie auf der Erde. 

Mo 28.05. Mumbai (km 9658)

Die ersten Eindrücke in Mumbai 

Die sind nicht tot, die schlafen nur. Und ob sie andere Verkehrsteilnehmer behindern oder sich selbst gefährden, so weit können sie einfach nicht denken. 

Ein Handwerker Viertel. 

Di 29.05. Kalyan (km 9696)

Ich war in diesem Super Sportshop, hier gibt es auch Zelte, aber nur von 2 Mann aufwärts. Die sind mir zu groß und zu schwer. Der Verkäufer heißt Vishal, hat mich für heute Abend zum Schlafen zu sich nach Hause eingeladen und da bin ich jetzt. 

Fr 01.06. Mumbai (km 9758)

Sie haben auch eine Tochter, 8 Jahre alt, aber die schläft noch. Ich musste mir zum Abschied diesen Punkt auf der Stirn gefallen lassen. 

So sehen dort viele Straßen aus, die Häuser sind sehr klein, Vishal bezeichnet das Viertel als Slum. Ich habe Slums bisher immer etwas schlechter eingestuft. 

In Mumbai gibt es auch eine chinesische Botschaft. Dort war ich am Mittwoch und das Ergebnis war so wie ich es befürchtet hatte. Alles sehr kompliziert. Und mehr als 3 Monate können sie nicht machen. Viel zu wenig für so ein Riesenland. Ich habe dann noch eine 2. Nacht bei Vishal und seiner Familie verbracht. Am Donnerstag früh haben sie mich dann mit allen hinduistischen Ehren verabschiedet. Dabei müssen sie sich vor mir hinknien, mit der Stirn meine Füße berühren. Sieht fast so aus, als würden sie mich anbeten. Bei den Muslimen ist der Gast ein Bruder, Vishal sagt, bei ihnen ist er ein Gott. Sie haben mich nicht gefragt, ob mir das gefällt. Vishal umarmte mich zum Schluss ganz selbstverständlich, die Frauen müssen sich verschämt zurückhalten. Ich sagte, ich will ihnen zeigen, wie so ein Abschied in Deutschland aussieht, schnappte mir blitzschnell die Frau und umarmte sie auch, ehe sie es verhindern konnte. Auf einen leisen Protest von Vishal behauptete ich: ihr seid doch eine moderne Familie, da darf ich das. Damit wars gut. 


In den letzten 2 Tagen habe ich mich zu ein paar schweren Entscheidungen durchgerungen. Ich streiche China aus meiner Reiseroute und begebe mich dafür nach Südost Asien. Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha, Vietnam. In den Himalaya will ich aber auf jeden Fall. Im äußersten Norden, in Jammu und Kaschmir, noch genauer in Ladakh gibt es die angeblich höchste Straße der Welt, 5600 m. Andere bestreiten das, sie haben nur 5300 m gemessen, und in Bolivien soll es eine Straße in den Anden geben, die wirklich 5600 hat.?  Mein bisheriger Höhenrekord liegt bei 3300 m. Und 3. verlasse ich jetzt diese Hitze. Wenn ich ein normales Leben führen würde, wäre es kein Problem, aber jeden Tag und den ganzen Tag in dieser Sonne, das ist zuviel. Ich war schon 60 km weiter, aber um nach Delhi zu kommen, musste ich mit einem Zug zurück nach Mumbai fahren. Hier geht morgen früh um 8 ein Zug nach Delhi. Das sind von hier 1350 km, vielleicht spüre ich dort schon einen Temperaturunterschied. Hier in Mumbai nicht. Mittags steht die Sonne immer noch senkrecht über mir, mindestens, vielleicht sogar etwas nördlich. In Delhi kommt sie erst am 21.06. an. Aber es kann ja neuerdings schon im Mai hochsommerliche Temperaturen geben, warum soll das in Indien anders sein? 

Sa 02.06. im Zug nach Delhi

Ich habs mir auf der Liege im Obergeschoss gemütlich gemacht. In Mumbai war es noch nicht so voll. Das Schienennetz ist 100 mal besser als in Sri Lanka. Kein Rütteln und Hopsen, der Zug läuft so ruhig, wie ich es von Deutschland gewohnt bin. Die Strecke ist durchgehend elektrifiziert.  

So 03.06. New Delhi

So sieht es auf der Liege gegenüber aus. Aber das Bild ändert sich ständig, niemand fährt so weit wie ich.

Einmal gab es einen Streit zwischen einem älteren Hindu und einem jungen Muslim. Ich hab den Anfang nicht mitbekommen, aber nach einem heftigen Wortgefecht wollte der Junge (ca. 18 Jahre alt,) wutentbrannt aus dem fahrenden Zug springen. Der fuhr grad langsam, ich schätze 30 kmh, aber das hätte mindestens zu einigen Abschürfungen auf dem Schotterbett geführt. Das hat er nach einigem Überlegen wohl auch so gesehen und hat es bleiben lassen. Im nächsten Bahnhof stieg er aus, um 3 Minuten später mit einer zerbrochenen Flasche zurück zu kommen. Wenn da nicht ein paar starke Männer sofort dazwischen gegangen wären, hätte es Mord und Totschlag gegeben. Ich nehme an, es ging um religiöse Meinungsverschiedenheiten und der junge Hitzkopf wollte gleich den Märtyrer spielen. Das kommt von dem aberwitzigen Absolutheitsanspruch, den alle Prediger dort  verbreiten.

Dabei sind alle Argumente, die sie anführen, menschliche Erfindungen und Behauptungen. Mir fehlen da Beweise oder wenigstens ausreichende Indizien. 

Ich war um 12:30 Uhr in Neu Delhi, das waren 28 Stunden Fahrzeit, inclusive unendlich vieler Stopps. Wenn ich davon ausgehe, dass die Sonne um 12:00 Uhr am höchsten steht, ist der Vormittag eine Stunde kürzer als der Nachmittag. Das bedeutet, dass die indischen Uhren eine halbe Stunde vorgehen, weil die Sonne erst um 12:30 Uhr den Höhepunkt erreicht. Also war ich pünktlich zu dem Ereignis da und siehe da, die Sonne stand etwas südlich. Klar, ich habe jetzt 2,5 Wochen Vorsprung. Wie ich schon erklärt habe, liegt Delhi ungefähr am 23. Breitengrad und den erreicht die Sonne erst am 21.06. Aber einen Temperatur Unterschied kann ich leider nicht feststellen.

Ich habe mir deshalb eine Fahrkarte nach Chandigarh gekauft, das liegt noch mal 250 km nördlich von hier. An den Temperaturen wird das auch nichts ändern, die Höhe ist kaum mehr als Delhi, aber es liegt am Fuße des Himalaya. Von da an geht es bergauf und wird kühler.

Abfahrt ist um 21:30, aber in Old Delhi station, 3 km von hier. Ankunft um 03.

Seit Sri Lanka gibt es im Zusammenhang mit dem Sonnenstand eine Situation, mit der ich nicht gerechnet habe. Wenn ich auf eine Straßenkarte schaue, brauche ich zur Orientierung auch noch die Himmelsrichtung. Ich war es gewohnt, mich nach der Sonne zu richten. Um 6 Uhr steht die Sonne im Osten, um 9 im Südosten, um 12 im Süden, um 15 im Südwesten und um 18 Uhr im Westen. Seit nun 3 Monaten ist es anders: vormittags steht sie im Osten, mittags habe ich keine Ahnung, wo Süden ist, nachmittags steht sie im Westen. Immer. In der Mittagszeit zwischen 12 und 13 Uhr konnte ich also keine Himmelsrichtung feststellen. In der Zeit, wenn ich sie gebraucht hätte, musste ich raten und an der Bewegungsrichtung des blauen Punktes auf meinem Handy konnte ich dann die Richtung erkennen. Das ist ab heute wieder vorbei. 

Delhi liegt zwischen Haryana und Uttar Pradesh, ist aber ein sogenanntes Unionsterritorium, davon gibt es 7 Stück in Indien. Die haben zwar auch eigene Verwaltungen oder Regierungen, das letzte Wort hat aber die indische Zentralregierung.Die sitzt in Neu Delhi und das ist wieder nur ein Stadtteil von Delhi. Auch Chandigarh ist so ein Unionsterritorium. 

Am Bahnhof in Delhi. Das sind nicht alles Fahrgäste, die auf einen Zug warten, da sind auch ganz normale Penner dabei. Hier haben sie ausnahmsweise mal einen Verkehrsweg für Fußgänger freigelassen. 

Mein Zug hatte dann 4 Stunden Verspätung. 

Di 05.06. Chandigarh (km 9844)

Natürlich ist es immer noch genauso heiß wie die letzten Monate, hier im Norden ist der Juni der heißeste Monat des Jahres. Im Süden ist es jetzt wieder etwas kühler, weil die Sonne ja schon weit nach Norden entschwunden ist. Dort, nahe dem Äquator, sind März und April am heißesten. Im September nicht, weil da Regenzeit ist, jetzt übrigens auch schon. Hier beginnt sie erst im September.


Chandigarh liegt zwischen Haryana und Punjab, ist kurioser Weise die Hauptstadt von beiden und natürlich auch von sich selbst. Hier sind mittlerweile 3 Städte zusammen gewachsen und bilden einen Ballungsraum mit 1,4 Millionen Menschen (Delhi hat 17). Chandigarh ist auf dem Reißbrett von Le Corbusier entstanden, gefällt mir überhaupt nicht. Straßen wie ein Schachbrettmuster, mir fehlen da die Diagonalen. Das macht alle Wege umständlich lang. Und seine Häuser sind alles Betonburgen, die deutlich vor sich hin bröseln.

An mangelnder Erfahrung mit dem Baustoff kanns nicht liegen, den gibt es schon seit 2000 Jahren. 

Indien ist ein Land der Kindsmörder, genauer gesagt der Mädchenmörder. Regional unterschiedlich stark ausgeprägt, in Haryana ist es am schlimmsten. Hier gibt es nur 818 Frauen auf 1000 Männer. Arbeitsmigration spielt nur eine untergeordnete Rolle, bei den 0 bis 6 jährigen sind es auch nur 880. Überall auf der Welt liegt der Frauenanteil bei 50 bis 51%, das heißt, es gibt natürlicherweise einen Frauenüberschuss. Das ist ein Beweis! Mehr als jedes 10. Mädchen wird ermordet! Immer noch!

Das liegt an saublöden gesellschaftlichen Regeln. Wenn Frauen heiraten, ziehen sie zu ihrem Mann und dessen Familie, für die Altersversorgung ihrer Eltern fallen sie somit aus. Die müssen ihren Töchtern auch noch eine Mitgift mitgeben, also für die paar Jahre, in denen ihre Arbeitskraft zur Verfügung steht, lohnt sich das nicht. 10% der Eltern fällen dann das Todesurteil. Die Regierung versucht schon, dagegen vorzugehen, hat hohe Strafen angeordnet, Prädiagnostik ist verboten, betreibt Aufklärung, empfiehlt zB. : "empowering the girls by education". Also Mädchen durch Bildung stärken, mit offenbar mäßigem Erfolg bisher. In die Ausbildung der Töchter zu investieren ist genau so unrentabel.

Ich wollte ja nur die Welt sehen, bevor ich sterbe. Mich nicht einmischen, weil ich ja nicht die ganze Welt im Vorbeigehen ändern kann. Aber ab und zu muss ich doch mal meine Meinung sagen oder schreiben. 

Di 19.06. Chandigarh (km 10.096)

Wenn Ihr geglaubt habt, Ihr braucht nun meinen blöden Blog nicht mehr zu lesen, habt Ihr Euch getäuscht. Es geht wieder weiter.

Vor 2 Wochen ist mir mein mobile wieder mal auf die Straße gefallen und diesmal ging nichts mehr. Ich habe eine Handy Verkaufs- und Reparaturstraße gefunden, 50 Shops, die alle das gleiche haben und machen, auf 300 m. Zugegeben, nicht jeder konnte oder wollte mein Handy reparieren, erst beim 5. Versuch hat es geklappt. Erst sollte es 5 Tage dauern, nach mehreren Vertröstungen sind es dann 13 geworden. Sie konnten es doch nicht selbst machen und haben es nach Delhi geschickt. Nun sieht es aus wie neu und funktioniert einwandfrei. Ich muss jetzt erstmal meine Nachrichten checken und gegebenenfalls beantworten, dann erkläre ich, was ich in der Zwischenzeit gemacht und erlebt habe. 

Mo 20.06. Sandholi (km 10.126)

Noch ein paar Fotos von Chandigarh 

Ein Beispiel für die Absperritis, an der die Inder leiden. Aber sie leiden ja gar nicht, das tue nur ich. Sie merken es nicht. Das ist ein Park, mit Eisenzaun, darauf nochmal Stacheldraht. Und alle 200 m ist ein immer geöffneter Durchgang. Jetzt erklär mir mal jemand, was dieser Zaun soll. Gehts noch blöder? Ich hab den Indern bei jeder Gelegenheit meine Meinung über diese fucking Zäune gesagt, viele fühlten sich dadurch genötigt, sie zu verteidigen. Einer sagte mal, ja, sonst würden die Autos überall parken.

Und diese Mauern. Ich habs versucht hochzurechnen und komme auf mehr als 1000 km allein in Chandigarh, für die Katz.

So arm ist Indien gar nicht, die Kohle wird nur für unnötige Dinge verschwendet. 

Muskelbetriebene Transporter

Dieses hat genialerweise schon einen Elektromotor. 

Die heißen hier Tuc Tuc und haben nur einen Rasenmäher Motor, schaffen aber 50 - 60 kmh. 

Am Abend habe ich die ersten Ausläufer des Himalaya erreicht. 

Do 21.06. Panjehra (km 10.157)

Bisher habe ich noch kaum an Höhe gewonnen, obwohl ich fast 500 Höhenmeter zurückgelegt habe. Fast genauso viel ging es auch wieder bergab. Hier bin ich auf 350m. 

Meine Pusteln sind jetzt vermutlich wirklich weg. Seit gestern erst. Bis vorgestern bin ich immer wieder rückfällig geworden, sind sie immer wieder zurück gekommen, wenn ich dachte, es wird besser. Ich hab im Internet nachgeschaut, am besten passt die Beschreibung von Krätze. Das hat der Apotheker in Chandigarh richtig erkannt (engl. scabies), ist in Indien weit verbreitet, und auch in Europa wieder auf dem Vormarsch. Sie schreiben, dass es nichts mit mangelnder Hygiene zu tun hat, in Indien schon. Außerhalb des Menschen können sie höchstens 48 Stunden überleben und übertragen werden sie durch innigen Hautkontakt. Eine kurze Berührung reicht dafür in der Regel nicht aus. Geschlechtsverkehr ist ein häufiger Übertragungsweg, das kann ich aber definitiv ausschließen. Das weiß doch jedes Kind, dass man sich da leicht Tod und Teufel einfangen kann. Auch deshalb mach ich einen großen Bogen um die Frauen.

Es gibt trotzdem einen eindeutigen Übertragungsweg, das sind die billigen Hotels. Ich hatte schon oft den Verdacht, dass die Bettwäsche nicht frisch gewaschen war. 

Sie muß schon sehr schmutzig sein, bis ein Inder einsieht, dass sie gewaschen werden muss. Wenn vor mir jemand das Leintuch benutzt hat, der von diesen Krätzmilben befallen war und am nächsten Tag komme ich, dann habe ich sie auch.

Wie nun die richtige Therapie aussehen muss, konnte mir der Apotheker aber mangels beiderseitiger Sprachhürden nicht erklären. Einmal täglich waschen und eincremen reicht nicht. Nachdem ich nun wusste was es ist, bin ich selber auf die Idee gekommen, es mit zweimal am Tag zu versuchen. Und siehe da, das war die richtige Lösung. Und keine alten oder frisch gewaschenen Klamotten danach anziehen, sondern nur solche, die länger als 48 Stunden in der Tüte waren. Im nächsten Hotel werde ich auf frischer Bettwäsche bestehen. Jetzt kann ich ihnen auch erklären warum, und so ein bisschen zur Aufklärung beitragen. 

Das Bild hat mir heute einer meiner inzwischen schon alten Freunde in Indien geschickt, Sanju heißt er und das ist er selbst. Ich habe vor ein paar Monaten von dieser Tänzer Gruppe berichtet, sein rechter Fuß ist tatsächlich verkrüppelt. 

Fr 22.06. Kutahla (km 10.185)

Der lange blonde mit dem Riesenruchsack im Hintergrund ist Benjamin aus Dänemark (25). Wir haben uns heute morgen beim Frühstück getroffen, Er hat da übernachtet und eben erst vor ein paar Stunden entdeckt, dass ihm jemand sein Smartphone gestohlen hat. Ich war zu dem Zeitpunkt schon 4 Stunden unterwegs.

Er kommt wie ich zu Fuß aus Kanyakumari, allerdings ist er dorthin geflogen, und will ebenfalls bis tief in den Himalaya. Wir sind dann gemeinsam losgezogen, von da an ging es nur noch bergauf. Der höchste Punkt des Tages war 1100 m, die letzte Stunde gings wieder bergab. Hier haben wir ein billiges Hotel gefunden und da bleiben wir über Nacht. Morgen gehts noch weiter runter, wie weit, weiss ich nicht. 

Dieser gemeinsame Tag ist besser gelaufen, als ich dachte, wir haben prima harmoniert. Trotzdem glaube ich nicht, dass wir das lange durchhalten. 

Mo 25.06. Mandi (km 10.285)

Ich bin immer noch mit Benjamin gemeinsam unterwegs und in den letzten 3 Tagen haben wir tatsächlich exakt 100 km gemacht, trotz vieler Höhenmeter und Benjamins schwerem Rucksack. 15 kg sagt er, ich glaube, ich könnte das nicht. Die Straße verläuft zwischen 500 und 1000 m Höhe, mit langsam steigender Tendenz, aber immer rauf und runter.




Ist nur Spaß. Der Turban ist ein religiöses Symbol der Sikhs, nur der Männer. 

Di 26.06. Khachhani ( km 10.310)

Ich bin absichtlich so weit weg gegangen, damit man mehr von der Umgebung sieht. Unterhalb des kleinen Tempels in der Bildmitte steht ein kleines Häuschen mit Dachterrasse, die Männer darauf kochen ihr Abendessen und Tee. Das wussten wir aber noch nicht, als wir dorthin kamen. Benjamin schlug vor, hier Tee zu kochen. Guter Plan. Er schleppt den ganzen Weg einen Spirituskocher mit. Diese Männer sagten aber, kommt überhaupt nicht in Frage, wir haben besseren Tee, ihr trinkt mit uns. Währenddessen erfuhren wir, dass sie aus Gujarat kommen, im Süden, 1600 km von hier. Und wenn wir schon mal da sind, können wir auch mit ihnen Abendessen. 

Die Phase der Essenszubereitung. Es gab Reis mit all diesen leckeren Zutaten und Hühnchen. Die Fleischteile habe ich Benjamin überlassen. Anschließend haben sie sich zügig verzogen, sie sind auf dem Heimweg und wollen die Strecke in 2 Tagen zurücklegen, in 2 Autos. Wir haben beschlossen, nun hier zu bleiben und da zu übernachten, weil das einer der schönsten Plätze ist, an denen ich bisher geschlafen habe. 

Blick zurück nach Südwesten, von unserer Dachterrasse. Unter uns gibt es einen offenen Raum, das ist eine ideale Rückzugsgelegenheit falls es regnet.

Tatsächlich begann es um Mitternacht zu regnen, jetzt ist es 10 Uhr morgens, und es regnet immer noch schwach.

Wir sind auf 1150 m. 

Mi 27.06. Banala (km 10.322)

Banala liegt auf 1050 m. Wir haben da abendgegessen, mit 120 Rupies nicht billig für indische Verhältnisse, aber als wir geklärt hatten, dass wir da auch übernachten können, for free, waren wir mehr als versöhnt. Über der Gaststätte war noch Rohbau, aber Regendicht, ein idealer Schlafplatz. Benjamin sieht das genauso. Die Kinder der Wirtsleute waren am meisten an uns interessiert, und als wir am nächsten Morgen auch noch zum Frühstück dablieben, waren wir schon Freunde der Familie. 

Verschiedene Ansichten einer Hängebrücke auf dem Weg, liegt touristisch vollkommen brach. Der Fluss heißt Beas.

Do 28.06. Kullu (km 10.348)

Hier sind wir auf 1200 m Höhe. 

Unterwegs 

Ein Teil von Kullu. 

Die Landschaft sieht aus wie in den Alpen. Schnee haben wir bisher noch nicht gesehen. 

Fr 29.06. Manali (km 10.380)

Genaugenommen sind wir noch 7 km vor Manali, da gibts aber keinen Ort. Jetzt sind wir auf 1650 m, seit Mandi im Beas valley. 

Eine Brücke über den oder die Beas, drüben war ein Campingplatz. Den haben wir aber rechts liegen lassen und haben eine geeignete, steinige Wiese links der Brücke vorgezogen. Wir haben zuvor schon an einem anderen Campingplatz gefragt, der wollte aber seine eigenen Zelte vermieten, für 1000 Rupies pro Nacht. Meinen Vorschlag, wir schlafen in unseren eigenen Zelten und geben ihm 400 R. hat er abgelehnt.

In der Nacht regnete es wieder, das war nun der erste Test mit dem neuen Reißverschluss. Das Ergebnis: bescheiden. Zum Glück regnete es nicht so lange, so hat sich der Wasserschaden in Grenzen gehalten. Aber damit steht fest, ich brauche ein neues Zelt. 

Morgen erreichen wir Manali. Dort haben wir geplant uns zu trennen. Benjamin will nach Nordwesten nach Kargil, weil das die nördlichste Stadt von Indien ist, nach dem derzeitigen Grenzverlauf. Ich will nach Norden nach Leh, weil es von dort zum Kardung La geht, das soll mit über 5600 m der höchste Pass der Welt sein, sagen die Inder. Wikipedia gibt ihm nur 5360 m, das deckt sich auch mit Berichten von anderen Reisenden. Damit gehört er aber zu den Top Ten. 

Vor 3 Tagen kamen wir an einem Stausee vorbei, da war ein bewaffneter Soldat. Er hielt uns auf und fragte nach dem wohin und auf Benjamins Antwort, nach Manali, sagte er das ist unmöglich, soweit kann keiner gehen. Wir konnten. Es war allerdings nicht immer ein Zucker schlecken. Zu viele Baustellen die die Straße verschmutzen, und wenn das trocken war, wirbelten die Fahrzeuge, vor allem die Busse und LKW Unmengen Staub auf. Oft war es auch zu eng und dann parken die Autos auch noch an den unmöglichsten Stellen. Einmal habe ich einen Fahrer wütend gefragt, ob er jetzt hier schlafen will. 

Sa 30.06. Manali ( km 10.390)

Benjamin fand im Internet einen Club, der auch eigene Zelte zum Übernachten anbietet, für 200 Rupies pro Zelt, da hätten auch 4 Personen drin Platz. Und sie sehen wasserdicht aus. Wir sind jetzt mit 2000 m ziemlich an der höchsten Stelle der Stadt. 

Ich muss Benjamin ein bisschen deutlicher vorstellen. Überraschender Weise gehen wir nun schon 10 Tage zusammen, und seine Gesellschaft ist mir angenehm. Er ist viel größer und stärker als ich, auch mental. Er war in Dänemark Bauarbeiter, hat seinen Lohn für diese Reise gespart, seinen Job einfach gekündigt und sich ein Visum für Indien für ein ganzes Jahr besorgt. Dann ist er nach Delhi geflogen, von dort nach Madurai und mit Zug oder Bus nach Kanyakumari gefahren. Vielleicht erinnert Ihr Euch, das ist die südlichste Stadt von Indien. Sein Ziel war es, Indien von Süden nach Norden komplett zu durchqueren und ist jetzt ein halbes Jahr unterwegs. Dabei hat er ziemlich genau denselben Weg gewählt wie ich. Nur hat er nichts mit Bus oder Zug abgekürzt, sich bei 48 Grad durch die Gegend gekämpft, die ich übersprungen habe und das, obwohl er als Nordmann noch mehr unter dieser Hitze leidet als ich. Ich habe nur 6 Monate Visum, hab schon in Madurai begonnen (mit meinem neuen Visum) und bis zum nördlichsten für mich erreichbaren Punkt in Indien sind es nochmal gut 4 Wochen. Die Zeit hätte nicht für die ganze Strecke gereicht.